ORF-Finanzdirektor Richard Grasl tritt gegen Alexander Wrabetz an.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Richard Grasl will sich nicht mehr mit der zweiten Reihe zufriedengeben, er will ganz nach oben. Der bürgerliche ORF-Finanzdirektor tritt am 9. August gegen den amtierenden ORF-General Alexander Wrabetz an. Überraschend ist seine Kandidatur freilich nicht, fleißig sondierte er in den vergangenen Wochen seine Chancen auf die ORF-Spitze und versuchte Stiftungsräte davon zu überzeugen, dass er die bessere Wahl ist. Für eine Mehrheit braucht er 18 der 35 Stimmen. Es gehe ihm um die Zukunftsfragen des ORF, die da wären: Programm, Digitalstrategie, Innovation.

"Als Co-Pilot im Cockpit sollte man ja jedenfalls mit dem Piloten einig sein, in welche Richtung man gemeinsam fliegt", sagte er noch im März. Mit seiner Kandidatur macht Grasl klar, dass er mit Wrabetz nicht auf derselben Route unterwegs ist.

Als extrem eloquent, macht- und karriereorientiert beschreiben ihn Mitarbeiter. Ein geschickter Taktierer, der genau wisse, wo er ansetzen muss, um seine Ziele zu erreichen. Und dem schon früh klar war, dass er Karriere machen will.

Effizienter Netzwerker

Richard Grasl wurde 1973 in St. Pölten geboren, aufgewachsen ist er in Krems. Dort führten seine Eltern ein Wirtshaus. Er studierte Handelswissenschaften in Wien. Grasl gilt als effizienter Netzwerker, seine Leidenschaft für Golf und ein Jagdschein sind da kein Nachteil. Seine Frau Kerstin ist Lehrerin, gemeinsam haben sie zwei Kinder.

Schon früh war klar, dass ihn die ÖVP für höhere Weihen vorsieht. 1992 dockte er beim ORF-Landesstudio in Niederösterreich an, 1998 moderierte er sein erstes Niederösterreich heute, wurde schnell zum Chef vom Dienst. Von 1999 bis 2001 werkte er in Wien für die "ZiB 2", bevor ihn 2002 die damalige schwarze ORF-Chefin Monika Lindner zurück nach Niederösterreich schickte. Das Landesstudio wurde unter Grasls Führung von Kritikern in "Landeshauptmann-TV" umbenannt, Grasl seine mangelnde Distanz zu Erwin Pröll vorgeworfen. Der mächtige Landeshauptmann tanzte auch zu Grasls Hochzeit an.

Ein Deal machte Richard Grasl 2009 zum ORF-Finanzdirektor: ein Direktorenposten für ihn oder ein ÖVP-Nein zur 160 Millionen Euro schweren Gebührenrefundierung. Eines ist klar: Sollte Grasl den Machtkampf gegen Wrabetz verlieren, sind seine Tage im ORF gezählt. Dann könnte er sein Glück – wie schon lange kolportiert – beim Casinos-Austria-Konzern versuchen. (Astrid Ebenführer, 23.6.2016)