Ein alte Berberäffin lässt sich von jüngeren Artgenossen lausen. Die sind noch recht enthusiastisch bei der Sache.

Foto: Julia Fischer/German Primate Center

Selbst ist man im Alter nicht mehr so erpicht darauf, seine Zuneigung nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen.

Foto: Julia Fischer/German Primate Center

Göttingen/Zürich – Man muss Vorsicht walten lassen, wenn man Parallelen zwischen Menschen und anderen Primaten zieht, ein deutsch-schweizerisches Forscherteam glaubt aber eine gefunden zu haben. Und zwar geht es um das Sozialverhalten im reiferen Alter.

Mit zunehmendem Alter konzentrieren sich Berberaffen ähnlich wie Menschen auf eine kleinere Gruppe von Sozialpartnern, schreiben Wissenschafter des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) in Göttingen und der Universität Zürich in der Fachzeitschrift "Current Biology". Dieses Verhalten, das beim Menschen schon länger bekannt ist, sei offenbar tiefer in der Evolution verankert als bisher angenommen, sagte die DPZ-Affenforscherin Julia Fischer.

Affen können das Lebensende nicht langfristig antizipieren

Das soziale Netzwerk von Menschen im Alter werde kleiner, sagt DPZ-Verhaltensbiologin Laura Almeling. "Sie pflegen dann vor allem Beziehungen zu den Menschen, die ihnen wirklich wichtig sind." Es werde darüber diskutiert, ob das nicht nur mit der abnehmenden Vitalität, sondern auch mit dem Bewusstsein der eigenen Endlichkeit zu tun habe könnte, so Almeling.

Letzterer Punkt ist entscheidend: Bei Affen könne dies nämlich nicht der Fall sein: "Denn Affen sind sich nicht bewusst, dass ihre Lebenszeit begrenzt ist." Man müsse daher davon ausgehen, dass das veränderte Verhalten von Menschen im Alter fest in der Evolution verankert ist.

Die Studie

Die Wissenschafter hatten 118 Tiere im Alter von vier bis 29 Jahren in einem französischen Affenpark beobachtet und verschiedene Verhaltensexperimente gemacht. Das Resultat: Auch die Affen werden mit zunehmendem Alter wählerischer. Bereits im jungen Erwachsenenalter haben sie ein deutlich gesunkenes Interesse an neuen Gegenständen und weniger gut bekannten Artgenossen.

Dies zeige sich besonders bei der gegenseitigen Fellpflege, sagte Almeling. "Diese ist bei den Affen das Maß für die soziale Beziehung." Während die jungen Tiere noch sehr häufig ihre Pflegepartner wechseln, beschränken sich betagtere Affen auf einen kleiner werdenden Kreis befreundeter Tiere. "Die älteren Berberaffen verlieren zwar nicht das Interesse an einem Miteinander", sagte die Forscherin. "Sie konzentrieren sich aber auf eine kleinere Gruppe."

"Die Affen werden mit zunehmendem Alter auch vorsichtiger im Umgang mit Neuem und weniger risikofreudig", hat Almeling herausgefunden. Auch darin seien sie älteren Menschen ähnlich. Auf Hilfeschreie von Artgenossen dagegen reagieren die Tiere bis ins hohe Alter. Die Reaktion auf die Schreie befreundeter Affen, etwa auf die der besten Freundin, sei jedoch stärker. (APA, red, 24. 6. 2016)