Großbritannien stimmt über Verbleib in oder Verlassen der Europäischen Union ab.

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Der 23. Juni 2016 könnte als Schicksalstag für Großbritannien und die Europäische Union eingehen. Denn heute stimmt das Vereinigte Königreich darüber ab, ob es Teil eines gemeinsamen Europa bleiben oder den Bund verlassen will. Der Kampf um die Meinung verlief hitzig und wurde am Ende auch vom Mord an einer Abgeordneten der Labour Party überschattet. Umfragen deuteten zuletzt auf ein knappes Ergebnis hin.

Twitter-Analyse

Zwei Forscher der ungarischen Corvinus-Universität haben sich den Wahlkampf auf sozialen Netzwerken näher angesehen und festgestellt, dass offenbar auf beiden Lagern zahlreiche Bots aktiv waren, schreibt der "Spiegel".

Als Bots sind in diesem Kontext Nutzer zu verstehen, die den Eindruck erwecken sollen, echte Menschen zu sein, in Wahrheit allerdings von mehr oder weniger ausgeklügelten Computerprogrammen gesteuert werden.

Analysiert wurden dafür Tweets, die Hashtags enthielten, die in Kontext zum Referendum stehen. Berücksichtigt wurden beispielsweise #voteleave oder #takecontrol auf der Seite der Austrittsbefürworter oder #strongerin und #remain für das proeuropäische Lager. Insgesamt wurden 1,8 Millionen Nachrichten ausgewertet.

15 Prozent Bots

Von diesen soll etwa die Hälfte im Sinne eines Austritts formuliert worden sein, 15 Prozent waren klar als Gegenstimme zu einem Brexit identifizierbar. 35 Prozent der Kurznachrichten wiesen keine eindeutige Tendenz auf. Interessant allerdings: Ein Prozent der beteiligten User produzierte rund dreißig Prozent aller Nachrichten, war also stark überproportional wahrzunehmen. Ein Indiz dafür, dass nicht nur menschliche Hände im Spiel waren.

Gemäß der Auswertung der Forscher dürften jeweils 15 Prozent der Nutzer beider Lager Bots sein oder zumindest teilweise automatisiert Nachrichten versandt haben. Nur ein geringer Anteil davon war allerdings auch entsprechend deklariert – etwa über einen Hinweis im User-Profil.

Problematisch

Gerade bei Abstimmungen mit einem hohen Anteil an bis zuletzt unentschlossenen Teilnehmern sind automatisierte Kampagnen besonders heikel. Denn oftmals werden Bots von Nutzern als solche nicht erkannt. Und mitunter kann durch das geballte Posten einer bestimmten Meinung das Gefühl eines drückenden Übergewichts für ein Lager entstehen, obwohl dieses in der Realität gar nicht gegeben ist.

Das Problem mit den meinungsmachenden Fake-Usern genießt bei Twitter daher mittlerweile höhere Priorität. Der Anbieter geht mittlerweile verstärkt gegen unechte Nutzerprofile vor. (gpi, 23.06.2016)