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Proteste in der Hauptstadt Skopje.

Foto: REUTERS/Ognen Teofilovski

Skopje –Die größte mazedonische Oppositionspartei, der sozialdemokratische SDSM, boykottiert erneut die Parlamentsarbeit. Wie Parteichef Zoran Zaev bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Skopje mitteilte, bleibt die Maßnahme bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Sonderstaatsanwaltschaft zur Aufklärung einer groß angelegten Abhöraffäre aufrecht.

Der Oberste Gerichtshof soll entscheiden, ob die Arbeit des Gremiums im Einklang mit der Verfassung steht. Auf einen Urteilsspruch wartet Mazedonien schon seit acht Monaten. Die Sonderstaatsanwaltsschaft soll unter anderem Oppositionsvorwürfe aufklären, wonach die Regierungspartei VMRO-DPMNE 20.000 Bürger illegalerweise abhören ließ.

Anfang April erließ Staatspräsident Gjorge Ivanov eine umstrittene Amnestie, durch die 56 in die Abhöraffäre involvierte Politiker begnadigt wurden. Dies führte zu starken, bis heute anhaltenden Protesten sowie heftiger internationaler Kritik. Ivanov hat die Amnestie daraufhin zurückgezogen.

Im Notfall die Armee einsetzen

Zuvor hatte Ivanov gedroht, im Notfall die Streitkräfte einsetzen, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen, nachdem zuvor ein von der Opposition und der mitregierenden albanischen DUI-Partei eingeleitetes Amtsenthebungsverfahren im Parlament gescheitert war.

Die seit mehr als zweieinhalb Monaten gegen Ivanov und die größte Regierungspartei VMRO-DPMNE demonstrierende Opposition und NGOs beschuldigte der Präsident, einen "Geheimkrieg" gegen das Land zu führen. Nachrichtendienste sollen ihn darüber informiert haben, dass die von ihm verhängte Politikeramnestie nicht die eigentliche Ursache für die Proteste sei, sondern diese ohnehin geplant gewesen seien, um "Spannungen auszulösen".

Staatsanwaltschaft ermittelt wieder in Abhöraffäre

Die Regierungskrise hatte nach der Parlamentswahl im April 2014 begonnen, als die sozialdemokratische Oppositionspartei SDSM der VMRO-DPMNE Wahlfälschung vorwarf. Hochgekocht waren die Proteste zuletzt, als Ivanov in den Ermittlungen zu einer Abhöraffäre 56 Politiker, darunter Ex-Regierungschef Nikola Gruevski von der VMRO-DPMNE, begnadigte. Nach heftigem internationalem Druck hatte Ivanov die Amnestie zurückgenommen.

Die Amnestie hatte die Arbeit einer zur Aufklärung der Abhöraffäre, bei der die VMRO-DPMNE 20.000 Bürger belauscht haben soll, eingesetzten Sonderstaatsanwaltschaft praktisch auf Eis gelegt. Diese kündigte kürzlich an, ihre Arbeit nun wieder aufnehmen zu wollen. Ivanov warf ihr am Mittwochabend jedoch bereits Befangenheit und eine "selektive Justiz" vor. (APA, 23.6.2016)