Emre Mor, 18 Jahre alt, spielte erstmals von Anfang an für die Türkei und gab prompt mit einer Maßflanke den Assist zum 1:0. "Er war unser Retter", lobte Trainer Fatih Terim, "er hatte großen Einfluss auf unser Spiel."

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Lens – Der neue Volksheld muss Türkisch lernen. "Ich verstehe ein bisschen, aber ich kann es noch nicht sprechen", sagte Emre Mor auf Englisch. Auch wenn es mit der Sprache hapert – seit dem 2:0 im EM-Vorrundenfinale gegen Tschechien ist klar, die Neuerwerbung von Dortmund ist die türkische Fußballzukunft.

Die Lobeshymnen für den "türkischen Messi" (Fanatik) mussten noch die Mitspieler übersetzen. "Er ist unsere Blume. Wir werden ihn hegen und pflegen", sagte Torschütze Burak Yilmaz, der die maßgenaue Flanke des 18-Jährigen zum wegweisenden 1:0 verwertet hatte.

Trainer Fatih Terim nannte Mor schlicht "unseren Retter. Er hatte großen Einfluss auf unser Spiel", so großen, dass der "Imperator" sich ärgerte, ihn nicht schon früher in die Startelf gestellt zu haben. "Ich habe in den ersten zwei Spielen einige Fehler gemacht. Ihn aufzustellen war eine wichtige Entscheidung."

Mor, den sich die Borussia für 9,5 Millionen Euro vom dänischen Erstligisten FC Nordsjælland schnappte, war mit seinen Dribblings und Flankenläufen der auffälligste Spieler auf dem Platz. "Der Trainer hat gesagt, ich soll alles wie immer machen", sagte der Teenager. "Dribbeln, und wenn ich den Ball verliere, soll ich es wieder versuchen."

Dank des Wirbelwinds auf der rechten Seite hatten die Türken, die davor beim 0:1 gegen Kroatien und beim 0:3 gegen Spanien so bitter enttäuschten, plötzlich doch noch eine Chance auf das Achtelfinale. In ihrem Hotel in Saint-Cyr-sur-Mer an der Côte d'Azur mussten sie am Mittwochabend vor dem Fernseher zittern.

Dass Mor zum Helden der Fans im Stade Bollaert-Delelis und daheim wurde, war vor einigen Monaten noch nicht abzusehen. In Kopenhagen als Sohn eines türkischen Vaters und einer mazedonischen Mutter geboren, kickte der 1,68 Meter große Dribblanski von der U17 bis zur U19 für Dänemark. Nach nur einem Spiel für die türkische U21 holte ihn Terim ins Team. Dort gab er zwei Wochen vor der EM als Wechselspieler ein derart überzeugendes Debüt, dass der "Imperator" ihn mit nach Frankreich nahm.

Trotz der Sprachprobleme fühlt er sich wohl. "Alle sind sehr nett zu mir, sie behandeln mich wie ihren kleinen Bruder." Gerüchte, er werde im Team geschnitten, seien "Bullshit". (sid, red, 22.6.2016)