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Unter dem von Kanzler Christian Kern propagierten "New Deal" stellen sich Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (li.) und Finanzminister Hans Jörg Schelling keine Maschinensteuer und kürzere Arbeitszeiten vor. Derartige Forderungen seien "psychologisches Gift", urteilt Schelling.

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Wien – Für Christian Kern ging es wohl darum, die rote Basis auf seine Seite zu ziehen. Der neue Kanzler kündigte zuletzt an, das Thema Arbeitszeitverkürzung und auch die langjährige Gewerkschaftsforderung nach einer Maschinensteuer wieder auf die Agenda setzen zu wollen.

Bei der ÖVP hielt man von derartigen Wünschen schon bisher wenig. Am Mittwoch ließen Parteichef Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling den designierten SPÖ-Chef (er wird am Samstag gewählt) ein für alle Mal abblitzen. Über kürzere Arbeitszeiten, die Maschinensteuer, aber auch über Vermögenssteuern werde die ÖVP nicht einmal reden. "Wir stehen weder für die Umsetzung noch für Verhandlungen zur Verfügung", erklärte Mitterlehner.

Wichtiger als Koalitionsklima

Die Sicherung des Wirtschaftsstandorts sei ihm wichtiger als das Koalitionsklima. Als Neuwahldrohung wollte Mitterlehner seine Aussagen aber nicht verstanden wissen. "Wir spekulieren nicht mit Neuwahlen, wollen aber die Bedingungen für die Zusammenarbeit definieren."

Bei der Maschinensteuer (oder auch Wertschöpfungsabgabe) geht es darum, Sozialversicherungsbeiträge nicht nur auf Löhne und Gehälter einzuheben, sondern auf die gesamte Wertschöpfung – also auch auf Gewinne, Mieten, Pachten, Zinsen und andere Erträgen. Als seinerzeitiger Wirtschaftskammerfunktionär konnte sich auch Mitterlehner vorstellen, Mieten und Pachten einzubeziehen. Die Idee sei aber wieder verworfen worden, weil ein Rückgang bei der Renovierung und Sanierung von Wohnungen befürchtet worden sei.

Nur in der Theorie

Generell wäre eine Wertschöpfungsabgabe nur dann theoretisch machbar, wenn sie im internationalen Gleichklang erfolge – und davon könne eben keine Rede sein. Bei einem Alleingang Österreichs sei mit einer Verlagerung von Investitionen ins benachbarte EU-Ausland zu rechnen. Für ein exportorientiertes Land wie Österreich wäre das laut dem Wirtschaftsminister ein "Wahnsinn".

Beim Streitthema Arbeitszeitflexibilisierung hofft die ÖVP hingegen auf Bewegung bei der SPÖ. Im Regierungsprogramm wurde bereits vereinbart, die tägliche Höchstarbeitszeit in Betrieben mit Gleitzeitmodellen von zehn auf zwölf Stunden zu erhöhen. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit bliebe bei 50 Stunden.

Warten auf Wachstum

Bisher war ein Kompromiss nie zustande gekommen, weil die SPÖ im Gegenzug auf einen leichteren Zugang zur sechsten Urlaubswoche drängte. Dafür sehe man aber derzeit keine Möglichkeit, sagte Mitterlehner. Ganz gestorben sei das Thema aber auch noch nicht. Falls es nächstes Jahr ein deutlich kräftigeres Wirtschaftswachstum gebe, könne man eventuell wieder darüber reden.

Bewegung der ÖVP verspricht Mitterlehner bei der Gewerbeordnung. Wie berichtet hat sich die Koalition eine Reform zum Ziel gesetzt. Und im Gegensatz zu früheren Versprechungen soll sie dieses Mal wirklich kräftig durchforstet werden, versprach Mitterlehner. Auf Details, wie viele von den über 80 reglementierten Gewerben liberalisiert werden könnten, wollte er sich aber nicht festlegen.

Förderung von Start-ups

Bereits Anfang Juli sollen Maßnahmen präsentiert werden, wie Start-up-Unternehmen in Österreich besser gefördert werden könnten.

Damit Klein- und Mittelbetriebe künftig leichter an Risikokapital kommen, soll die Rechtsform der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft wieder reaktiviert werden, wie Schelling ankündigte. Gewinnausschüttungen bis zu 15.000 Euro jährlich an diese Gesellschaften sollen von der Kapitalertragsteuer befreit werden. Zudem soll die Mindestinvestschwelle pro Investor von 100.000 auf 10.000 Euro gesenkt werden.

Noch keine Einigung gibt es zwischen SPÖ und ÖVP beim Thema kalte Progression. Diese schleichende Steuererhöhung, die durch die Nichtanpassung der Steuerstufen eintritt, soll eigentlich abgeschafft werden. Einen Automatismus lehnt die SPÖ aber ab. Nun schlägt Schelling vor, die Anpassung der Steuerstufen immer dann temporär auszusetzen, wenn das Wirtschaftswachstum geringer als ein Prozent ist. (Günther Oswald, 22.6.2016)