Das war weniger für Sergio Ramos.

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Bordeaux – Nach der großen Euphorie folgte quasi die Watschn: Spanien hat mit dem 1:2 gegen Kroatien in Bordeaux nicht nur den Gruppensieg verspielt, sondern sich auch deutlich mehr Steine auf den Weg zum dritten EM-Titel in Folge gelegt. "Das ist nicht der Weg, den wir uns gewünscht haben", sagte Teamchef Vicente del Bosque.

Für seine Mannschaft, für die der dritte Turniertreffer von Alvaro Morata (7.) zu wenig war, kommt es schon am Montag (18 Uhr) in St. Denis im vorletzten Achtelfinale zum Duell mit Italien. Es ist die Neuauflage des Finales von 2012, das Spanien am 1. Juli in Kiew durch Tore von David Silva, Jordi Alba, Fernando Torres und Juan Mata mit 4:0 für sich entschied.

Ramos und die Enttäuschung

Sollten die Spanier die Hürde Italien überwinden, wartet im Viertelfinale vermutlich Weltmeister Deutschland und im Halbfinale Frankreich oder England. "Wir bekommen es jetzt mit einem stärkeren Gegner zu tun, als wenn wir Gruppenerster geworden wären. Ich habe aber schon immer gesagt, dass man, wenn man Europameister werden will, sowieso die besten Teams schlagen muss", sagte Sergio Ramos.

Der Kapitän war mitverantwortlich für den enttäuschenden Abschluss der Gruppenphase, scheiterte mit einem schwachen Elfer an Danijel Subasic (72.) und ließ damit die Chance auf die wohl spielentscheidende 2:1-Führung aus. "Wir dürfen jetzt nicht den einen oder anderen Schuldigen suchen. Schuld sind wir alle", sagte Del Bosque.

Abhaken und Lehren

Sein Resümee fiel gar nicht so negativ aus. "Wir hatten das Spiel unter Kontrolle und haben nicht schlecht gespielt. Am Ende haben wir uns einen Konzentrationsfehler geleistet, deshalb hat das Ergebnis nicht gepasst." Über den Gegentreffer in der 87. Minute war er verärgert. "Wir hatten über Perisic gesprochen, wie gefährlich er bei Kontern ist." Zuvor hatte der Man of the Match bereits den Ausgleich von Nikola Kalinic (45.) ideal vorbereitet.

"Wir müssen das Spiel jetzt abhaken und die Lehren daraus ziehen", meinte Ramos. Für Spanien ging jedenfalls eine Serie von 14 EM-Spielen ohne Niederlage zu Ende. Mehr als zwölf Jahre ist das 01: gegen Portugal vom 20. Juni 2004 schon her. "Spanien erhält eine schallende Ohrfeige", urteilte "El Pais", die Sportzeitung "Marca" sah "eine verdiente Niederlage".

Kroatisches Wunder

Die kroatischen Medien feierten dagegen ihr Team. "Das Wunder von Bordeaux. Kroatien spielte ein Match für die Geschichte", titelte "Jutarnji list" und sah "ein Land in Trance". Ein "phänomenales Kroatien" erkannte Vecernji list". Für den TV-Sender Nova ist nach Platz eins in Gruppe D klar: "So kraftvoll und mutig schafft es Kroatien bis zum Ende."

Kroatien könnte zumindest die bisherigen EM-Highlights – Viertelfinale 1996 und 2008 – übertreffen. "Es war ein ganz besonderer Abend für uns, aber erst der Anfang. Wir können jetzt anfangen zu träumen", sagte Perisic. "Wir sind jetzt einer der großen EM-Favoriten", verkündete Kalinic. Die Auslosung spricht für die Kroaten, die man als Favoriten in der "oberen Hälfte" bezeichnen kann.

"Vielleicht haben wir jetzt einen einfacheren Weg, aber man muss jetzt sowieso nur von Spiel zu Spiel schauen und versuchen, jedes Spiel zu gewinnen", sagte Teamchef Ante Cacic. Sein Experiment, fünf Spieler, darunter Luka Modric und Mario Mandzukic, für die K.-o-Phase zu schonen, ging voll auf. "Ich wollte im Achtelfinale frische Spieler haben. Auch deshalb ist der Sieg eine großartige Leistung. Deshalb können wir noch selbstbewusster sein." Seine Kicker hätten gezeigt, wie man sein Land repräsentieren solle.

"Wir haben uns den Sieg verdient. Nicht immer setzt sich die Qualität durch, manchmal ist es harte Arbeit", sagte Ivan Rakitic. Die Fans verhielten sich diesmal ebenfalls vorbildlich, von Hooligans angekündigte Ausschreitungen blieben im Gegensatz zum 2:2 gegen Tschechien aus. Kroatiens Achtelfinalgegner am Samstag in Lens steht noch nicht fest, es ist jedenfalls der Dritte der Gruppe E oder F – also möglicherweise Österreich. (APA, red, 22.6.2016)