Fast alle österreichischen Pharmaunternehmen veröffentlichen mit 30. Juni – nur auf ihrer jeweiligen Homepage – ihre "geldwerten" Unterstützungsleistungen für 2015. Es waren für Klinische Forschung, Vorträge, Beratung und Fortbildung rund hundert Millionen Euro, hieß es nun bei einer Pressekonferenz in Wien. In Deutschland waren es im Vergleichszeitraum rund 575 Millionen Euro.

"54 Millionen Euro wurden in Forschung und Entwicklung investiert. Ärzte, Organisationen und Einrichtungen sind darin enthalten. 27 Millionen Euro haben medizinische Einrichtungen und Organisationen an Sponsorgeldern und Spenden für Veranstaltungen und Ähnliches erhalten. 20 Millionen Euro haben Ärzte erhalten für Vorträge, Beratungsleistungen und Fortbildung", sagte der Generalsekretär des Verbandes der Pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig), Jan Oliver Huber.

Die Pharmaindustrie versucht seit Jahren, sich in Sachen Transparenz bei den Geldflüssen an Ärzte und Organisationen eine sprichwörtlich weiße Weste zuzulegen. In Europa werden die selbst auferlegten Offenlegungsmaßnahmen allerdings nur über die Homepages der einzelnen Unternehmen realisiert, so auch in Österreich. Das macht einen Überblick schwierig.

95 Prozent des Marktes

Aus rechtlichen Datenschutzgründen muss bei Offenlegung der einzelnen Empfänger jeweils um Zustimmung gebeten werden. Huber meinte, in manchen Bereichen lägen hier die Quoten bei unter, in anderen Bereichen bei über 50 Prozent. Manche Pharmaunternehmen schließen ohne Zustimmung zur namentlichen Veröffentlichung des Empfängers von Unterstützungen oder Honoraren keine Verträge mehr ab. Die österreichischen Daten dürften rund 95 Prozent des Marktes umfassen.

"Die pharmazeutische Industrie und die Ärzteschaft wirken zusammen. Das ist eine Tatsache. Das ist unverzichtbar. Dieses Zusammenwirken ist alternativlos. Es gibt dabei auch Berührungspunkte, die zu geldwerten Leistungen führen. Wir starten hier nichts, was neu ist. Es ist bereits ein viele Jahre dauernder Prozess", sagte Karl Forstner, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer.

Was Klinische Forschung erst erlaubt – die Finanzierung des Großteils der Projekte durch die pharmazeutische Industrie -, ist in Österreich bei der Unterstützung von Fortbildungsveranstaltungen inklusive deren Besuch ebenfalls enorm wichtig. Forstner und Huber betonten, man würde vermehrte Investitionen der öffentlichen Hand auf diesem Gebiet nur begrüßen.

575 Millionen in Deutschland

Die Zahlen für Deutschland sind erst am vergangenen Montag veröffentlicht worden. Sie gelten für 75 Prozent des Marktes. Dort zahlte die Pharmaindustrie im vergangenen Jahr insgesamt rund 575 Millionen Euro, teilte der Verband Forschender Pharma-Unternehmen (vfa) am Montag in Berlin mit. 366 Millionen Euro und damit etwa zwei Drittel der Gelder flossen den Angaben zufolge an Ärzte, Kliniken und andere Gesundheitsberufe für Klinische Studien und sogenannte Anwendungsbeobachtungen.

119 Millionen seien als Vortragshonorare an Ärzte und für Fortbildungen eingesetzt worden. 90 Millionen Euro wurden für das Sponsoring von Fortbildungsveranstaltungen, Spenden und Stiftungen aufgewendet. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Klinische Forschung in Österreich verhältnismäßig stärker ist. Auf der anderen Seite unterscheiden sich die für die einzelnen Verwendungszwecke angegebenen Anteile von jenen in Österreich.

Forstner äußerte sich zuversichtlich, dass es in Zukunft in Österreich auch zur individuellen Offenlegung der Geldflüsse kommen werde. Man wolle Transparenz, um Vertrauen zu schaffen. Mehr Transparenz und weniger Interessenskonflikte werden für das gesamte österreichische Gesundheitswesen seit vielen Jahren gefordert. (APA, 22.6.2016)