Lars Lagerbäck: "Die Österreicher haben vielleicht einen größeren Druck. Sie haben vor dem Turnier höhere Erwartungen gehabt als wir, auch die Leute zu Hause."

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St. Denis / Paris – Beinahe hätte er vor viereinhalb Jahren die Chance erhalten, österreichischer Teamchef zu werden. Der ÖFB entschied sich im Herbst 2011 aber für den Schweizer Marcel Koller. Lars Lagerbäck wurde wenig später Islands Nationaltrainer. Eine besondere Genugtuung würde er dennoch nicht verspüren, die Österreicher am Mittwoch aus der EM zu kicken, versicherte der 67-jährige Schwede.

"Das hat keinen Einfluss. Das Spiel hat nichts damit zu tun, mit wem ich mich vor viereinhalb Jahren getroffen habe", betonte Lagerbäck am Dienstagabend in einer Pressekonferenz im Stade de France. Dort könnten die Isländer – möglicherweise bereits mit einem Remis – bei ihrer ersten EM-Teilnahme den Achtelfinal-Einzug schaffen. Lagerbäck: "Wir haben eine sehr realistische Chance. Das fühlt sich gut an."

Befreites Aufspielen

Auf die Favoritenrolle will Lagerbäck nicht eingehen. "Die Österreicher haben aber vielleicht einen größeren Druck. Sie haben vor dem Turnier höhere Erwartungen gehabt als wir, auch die Leute zu Hause." Island dagegen kann als bisher mit Abstand bevölkerungsärmstes Land, das sich je für eine EM qualifiziert hat, relativ befreit aufspielen.

"Österreich darf sich auf ein hartes Spiel einstellen", sagt Lagerbäck. Mit dem Auftreten seines Teams in Frankreich war er trotz der beiden 1:1 gegen Portugal und Ungarn noch nicht restlos zufrieden. "Wir müssen uns noch entwickeln, wir können noch besser spielen." Vor allem im Offensivspiel sieht er Verbesserungspotenzial.

Das treffe aber auch auf die Österreicher zu, meint sein gleichberechtigter Chefcoach Heimir Hallgrimsson. "Sie haben ihre beste Seite hier noch nicht gezeigt. Hoffentlich werden sie das auch gegen uns nicht tun", sagte der 49-Jährige, der in Island lange Zeit als Zahnarzt tätig war. Um sich auf seine Tätigkeiten im Fußball zu konzentrieren, hat er die Praxis im Moment in andere Hände gelegt.

Hallgrimsson folgt Lagerbäck nach der EM als alleiniger Teamchef nach, der Schwede beendet seine Arbeit in Island. "Es ist schade, aber die Zeit ist gekommen. Man wird auch nicht jünger", erklärt der 67-Jährige, der sein Heimatland von 2002 bis 2008 zu vier großen Turnieren in Folge geführt hatte. "Jede Endrunde ist etwas Besonderes. Derzeit ist es das beste Gefühl überhaupt."

Die Isländer glauben an ihre historische Chance. "Was diese Burschen bisher geleistet haben, um hierherzukommen, ist unglaublich", sagt Lagerbäck. "Und es ist noch nicht zu Ende", ergänzt Hallgrimsson. Die Zuversicht im isländischen Lager ist groß. Lagerbäck: "Ich glaube nicht, dass das mein letztes Spiel mit Island sein wird." (APA, 21.6.2016)