Da mag Außenminister Frank-Walter Steinmeier seinen Sprecher noch so beredt dementieren lassen: Niemand glaubt ihm, dass er mit der Aussage, man solle mit dem "Säbelrasseln und Kriegsgeheul" gegenüber Russland aufhören, nicht die Nato-Manöver gemeint haben könnte. Worum, wenn nicht um diese Übungen, die die Verteidigungsallianz von Baltikum bis Schwarzmeerküste abhält, soll es sonst gehen, fragt sogar der "Spiegel" höhnisch.

Sie wurden beim Nato-Gipfel in Wales im Herbst 2014 mit Deutschland beschlossen, auch von CDU-Kanzlerin Angela Merkel und Steinmeier mitgetragen. Das Bündnis wollte Russland nach dessen hybridmilitärischer Aggression in der Ukraine demonstrieren, dass die Mitglieder in Osteuropa geschützt werden. Zuvor hatte sich gezeigt, dass die von Berlin mitgetragenen EU-Sanktionen nach der Annexion der Krim in Moskau nicht wirkten.

Steinmeiers Volte, die in Nato wie EU prompt für Irritation sorgte, weil er den Westen als Aggressor zeichnet, dürfte starke innenpolitische Motive haben. Die SPD möchte sich ein Jahr vor den Wahlen vom Koalitionspartner absetzen. Nicht zufällig rief SPD-Chef Sigmar Gabriel zeitgleich mit heftiger CDU-Schelte zur Solidarallianz "gegen rechts" auf. Er meint Grüne und die Putin-freundliche Linkspartei, ein rot-rot-grünes Bündnis. Gabriel reist selbst bald zu Wladimir Putin. Der Herr des Kreml kann zufrieden sein: Er spaltet Berlin politisch, Steinmeier schwächt EU und Nato. (Thomas Mayer, 21.6.2016)