Eine seltsame Affäre macht einstweilen nur in "Krone" und "Heute" Schlagzeilen. Laut einem Bericht der "Kronen Zeitung", der von "Heute" übernommen wurde, hat Sozialminister Alois Stöger während einer Bahnreise am 9. Juni im Gespräch mit einem Mitarbeiter laut über Johannes Kopf, den Chef des Arbeitsmarktservice (AMS), geschimpft, ihn sogar einen "Volltrottel" genannt und überlegt, ihn durch einen Sozialdemokraten ablösen zu lassen.

Stögers Sprecher dementiert den "Volltrottel". Die "Krone" deutet an, es gebe einen Tonmitschnitt (verfluchte Handys!), die FPÖ arbeitet an einer parlamentarischen Anfrage.

So weit steht Aussage gegen Aussage. Dass der ÖVP-nahe Johannes Kopf beim Sozialminister und der SPÖ generell nicht beliebt ist, kann als gegeben vorausgesetzt werden. Erstens: Kein Sozialdemokrat an der Spitze des "Arbeitsamtes", wo gibt's denn so was! Zweitens: Kopf fällt durch unkonventionelles Denken in Sachen Sozialstaat und soziale Systeme auf, ohne dass man ihn als neoliberalen Sozialstaatskiller denunzieren könnte. Außerdem nannte er die Forderung von Landeshauptmann Hans Niessl, ausländische Arbeitnehmer abzublocken, "unsinnig" und zeigte Verständnis für Unternehmer: "Die Stimmung bei Unternehmern ist extrem schlecht", sagte er kürzlich im STANDARD-Gespräch. Überbordende Bürokratie verhindere rasche Lösungsansätze.

Das ist wider die Vorherrschaft des alten Denkens in der österreichischen Sozialdemokratie (Gewerkschaften und Arbeiterkammer inklusive). Wer nicht entlang der eingefahrenen Bahnen denkt, gehört weg.

Bestimmte privilegierte Gruppen werden weiter nett versorgt, die anderen, vorzugsweise kleine Selbstständige, die nicht in den alten sozialdemokratischen Arbeitnehmerbegriff passen, sollen gestutzt werden.

Die Stadt Wien schickt 800 Beamte in Frühpension, die jüngsten mit 55 Jahren. 80 Prozent des Letztbezuges, Zuverdienst im Unterschied zu gewöhnlichen ASVG-Frühpensionisten großzügig gestattet. Die Mitarbeiter werden nicht mehr gebraucht, weil die Liberalisierung des Strommarktes die Wiener Netze (Stadtwerke) hart getroffen hat. Andere Unternehmen, durchaus auch in öffentlicher Hand, wie etwa der Verbund, machen es nämlich billiger und werben aktiv für einen Wechsel. Man ahnt, wen und was man als Wiener Stromkunde bisher mitgeschleppt hat. An einen Einsatz der Beamten in anderen Bereichen ist nicht gedacht. Diese krasse Bevorzugung privilegierter Gruppen, die "horizontale Ungleichheit", wird bei den beliebten "Reich-Arm"-Vergleichen durch die Linke gern vergessen. Etliche Stadtpolitiker verteidigen diesen "Spezi-Sozialismus" auch noch.

Dafür würde Sozialminister Stöger immer noch gern jene 30.000 Personen (meist Selbstständige) bestrafen, die nach Erreichung des gesetzlichen Pensionsalters noch weiterarbeiten, und zwar durch massive Kürzung der gesetzlichen Pension.

Derlei ist kein "New Deal" (Copyright Christian Kern), sondern altes Funktionärsdenken.(Hans Rauscher, 21.6.2016)