Venedig – "Falls es zum Brexit kommt, werden wir die derzeitige Produktion von England nach Österreich verlagern." Das erklärte Sergio Marchionne, Chef von Fiat Chrysler Automobiles (FCA), am Wochenende in Venedig. Im Rahmen der traditionellen Tagung über die italienisch-amerikanischen Beziehungen meinte Marchionne, dass ein etwaiger Austritt Großbritanniens aus der EU auf die Industriestruktur von FCA Auswirkungen haben würde.

Die von der Fiat-Agnelli-Familie kontrollierte Land- und Baumaschinengruppe CNH (Case New Holland) produziert jährlich 22.000 Traktoren im britischen Basidon (GB) und beschäftigt dort 1.000 Arbeitnehmer. "Im Fall eines Brexit würden wir die Produktion aus England in unser österreichisches Werk nach Steyr verlagern." FCA folgt damit den Ankündigungen mehrerer Industriekonzerne wie Ford, Land Rover, Nissan, Honda oder GM, die mit einer Produktionsauslagerung aus Großbritannien drohten, sollte es zum Brexit kommen.

Unzufriedenheit in Europa

"Die Auswirkungen einer Loslösung Englands von Europa auf unsere Industriestruktur sind überschaubar", meinte der Manager. Hinter verschlossenen Türen meinte Marchionne, dass Brüssel wahrnehmen müsse, dass viele seiner Entscheidungen zur Unzufriedenheit in Europa geführt haben.

Wesentlich mehr Sorgen als ein Brexit macht Marchionne ein möglicher Sieg des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Falls Trump seine Drohungen wahrmacht und "Mauern" an den Grenzen errichten lässt und damit das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) infrage stellt, müssen wir unsere Produktionsstrategie in Mexiko und Kanada überdenken. FCA produziert in Mexiko den Cinquecento. Im ersten Quartal 2016 erzielte FCA 90 Prozent seines Gewinns im Nafta-Raum. (Thesy Kness-Bastaroli, 20.6.2016)