Am Samstag in Paris wird von Ronaldo mehr zu sehen sein. Aber natürlich ist auch er nur ein Mensch.

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Cristiano Ronaldo ist nach dem 1:1 gegen Island beleidigt gewesen. "Sie haben gefeiert, als wären sie Europameister geworden, unglaublich. Dabei haben sie gar nicht versucht, Fußball zu spielen, sondern nur verteidigt. Meiner Meinung nach zeugt das von kleiner Mentalität, deswegen werden sie nichts erreichen." Österreich hat gegen Ungarn weniger als nichts erreicht, Kleingeistigkeit kann, muss aber nicht die Ursache fürs 0:2 gewesen sein. Am Samstag ist in Paris die Wiedergutmachung zumindest angedacht (21 Uhr, Live-Ticker auf derStandard.at)

Portugal ist selbstverständlich Favorit, Teamchef Marcel Koller tangiert das kaum: "Die Rollenverteilung spielt keine Rolle. Ungarn galt gegen uns als Außenseiter." Freitagmittag landete die Mannschaft in Paris, der verletzte Zlatko Junuzovic war mit an Bord, dem rechten Knöchel wurde ein Druckverband umgestülpt. In Mallemort hätte ihn die Einsamkeit übermannt, zudem musste das medizinische Personal mit, um für weitere Notfälle einsatzbereit zu sein. Junuzovic wird in Paris therapiert.

Die physisch Gesunden sind notgedrungen psychische Optimisten. Koller: "Wir haben Einzelgespräche geführt, schauen nach vorn." Man werde Ruhe in den Aktionen benötigen. "Wir müssen kompakt stehen, hellwach sein." Den Gegner auf Ronaldo zu reduzieren wäre fatal. "Nach Ballgewinn schalten sie extrem schnell um. Wir werden Ronaldo manchmal doppeln müssen." Das heißt: Zwei Verteidiger kümmern sich um einen Superstar. Da davon auszugehen ist, dass Ronaldo links vorn agiert, um dann in die Mitte zu ziehen, werden speziell Florian Klein, der rechte Außenverteidiger, und der zentrale Martin Hinteregger gefragt sein.

"Er ist ein Torjäger"

Wie sagte Hinteregger: "Nimmt er den Ball an, dann kann es aufgrund seiner Schnelligkeit schlimm werden. Ronaldo darf sich nicht drehen." Prinzipiell darf der 31-Jährige, dessen Jahreseinkommen auf läppische 77 Millionen Euro geschätzt wird, aber schon alles. Teamchef Fernando Santos sagt: "Ronaldo ist kein Flügelspieler und kein Mittelstürmer, er ist ein Torjäger. Ich gebe ihm alle Freiheiten. Die stehen dem Weltbesten zu."

Der 61-jährige Santos hat zwei bis drei Veränderungen angekündigt. "Wir werden gegen Österreich ein exzellentes Spiel abliefern und gewinnen." Ronaldo wird keine absolute Hochform nachgesagt, ihn trifft die Kritik innerlich. Er steigt im Prinzenpark zum Rekordinternationalen auf, es ist sein 128. Einsatz, Luís Figo hörte nach 127 auf. Ronaldo hält bei 58 Treffern.

Österreichs Tormann Robert Almer hat sich mit dieser Größe des Weltfußballs (Ronaldo, nicht Figo) beschäftigt. Die theatralische Gestik ist Almer wurscht. Soll er halt vor einem Freistoß breitbeinig, wie ein Cowboy vor dem finalen Duell, dastehen. "Seine Schüsse können auch nur rechts, links oder in der Mitte landen. Man muss sich immer auf alles einstellen." Portugal ist auch Nani, ist Ricardo Carvalho, ist Ricardo Quaresma, ist Renato Sanches. Für den 18-Jährigen hat Bayern München 35 Millionen Euro an Benfica überwiesen.

Das Gespenst

Koller ist zu zwei Umstellungen gezwungen, Junuzovic und der gesperrte Aleksandar Dragovic fallen aus. Der Chef gab die Aufstellung nicht preis. Kann sein, David Alaba rückt auf Junuzovics Position vor. Stefan Ilsanker würde ins defensive Mittelfeld rutschen. Dass Sebastian Prödl statt Dragovic im Zentrum verteidigt, ist keine Mutmaßung. Ob Koller freiwillige Änderungen vornimmt, sei dahingestellt, prinzipiell lehnt er Radikalismus ab.

Ein Gespenst schwebt über das verregnete Paris: Schlägt Island die Ungarn, und sollte Österreich verlieren, wäre die EURO zwar nicht als Veranstaltung, aber für das ÖFB-Team vorbei. Den vierten Gruppenplatz würde man nicht mehr loswerden, das letzte Spiel am 22. Juni gegen Island wäre nur mehr ein Späßchen. Kapitän Christian Fuchs sagt: "Macht euch keine Sorgen." Klein sagt: "Ronaldo ist nur ein Mensch." (Christian Hackl aus Paris, 17.6.2016)