Wir genießen den Ausblick auf eine kleine Gebirgskette im Schatten der Terrasse. In der glühenden Mittagshitze geben die Zikaden ein Konzert. Abends werden sie von den Fröschen am Kanal abgelöst. Täglich zieht der Hirte mit seiner riesigen Schafherde vorbei, wir Kinder beobachten das blöckende Spektakel vom Zaun aus. Wenn ich mir spontan einen Wohnort aussuchen sollte, würde meine Wahl auf die Provence fallen.

Von den Ersatz-Großeltern habe ich damals die Liebe zur Natur gelernt, mir Schmetterlinge, Raupen und Bienen zeigen lassen und den Unterschied zwischen einer Grille und einer Zikade erklärt bekommen. Die Begeisterung der beiden für das eigens angebaute Obst und Gemüse wurde auf uns Kinder übertragen. Am bunten Markt im Ortszentrum wurde zweimal wöchentlich gemeinsam das besorgt, was auf dem romantisch gelegenen Grundstück am Fuße der Alpilles nicht vorhanden war.

Provenzalische Idylle

Wasser holten wir vom Brunnen im Garten, Fließwasser gab es in dem bescheidenen Sommerhaus erst Jahre später. Mit dem Strom war das so eine Sache. Aber was es immer gab, war köstliches mediterranes Essen und selbstgebackenes, duftendes Brot. Wie die liebe Ersatz-Großmutter das damals nur alles geschafft hat!

Eines meiner Lieblingsgerichte war ein Melanzani-Gratin. Jahre später bekam ich von Freunden aus der Gegend ein Büchlein geschenkt: "L'Alimentation provencale et la Santé". Ich dachte, das Rezept darin zu finden, denn schließlich war Claire ja Luxemburgerin und musste die mediterrane Kochweise irgendwie erlernt haben. Aber auch in diesem "Fachbuch" gibt es keine ähnliche Zubereitung für Melanzani. Egal. Alljährlich zaubere ich das köstliche Gericht aus meiner Kindheitserinnerung, und es schmeckt mir immer noch so gut. Das Buch ist jedenfalls allen, die der französischen Sprache mächtig sind, schwer zu empfehlen. Es ist ein guter Beweis dafür, dass ein Kochbuch keine Bilder enthalten muss, um einem den Mund wässrig zu machen!

foto: neuensausderküche

Zutaten (für vier Portionen als Beilage)

3 Melanzani
1 Zwiebel
6 Zweige Thymian
50 g Parmesan
30 g gemahlene Mandeln, Leinsamen oder ganz einfach Semmelbrösel (nicht glutenfrei!)
2 Lorbeerblätter
2 bis 4 Knoblauchzehen (je nach Größe)
5 EL Olivenöl

Zubereitung

Backrohr auf 200° vorheizen. Zwiebeln kleinhacken. Einen Esslöffel Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Zwiebel bei mittlerer Hitze zwei Minuten glasig schwitzen. Melanzani waschen und in circa zwei mal zwei Zentimeter große Würfel schneiden und zu den Zwiebeln geben. Noch zwei bis drei Esslöffel Öl hinzufügen und circa fünf Minuten anbraten. Nun etwas Wasser (circa 100 ml), die Blätter von drei Zweigen Thymian, zwei Lorbeerblätter, Salz und Pfeffer zufügen und das Gemüse zugedeckt zehn Minuten weichdünsten. Lorbeer entfernen, die Masse in ein Behältnis umfüllen und mit dem Pürierstab feinpürieren.

Den geriebenen Parmesan, Mandelstaub oder Semmelbrösel, die restlichen Thymianblättchen und den kleingehackten Knoblauch mit Salz und Pfeffer vermischen. Melanzanipüree in eine Auflaufform geben, mit der Mandel-Parmesanmasse bestreuen und mit circa zwei Esslöffeln Olivenöl beträufeln. Mit dem herausgefischten Lorbeerblatt dekorieren und 15 bis 20 Minuten überbacken.

Das Gericht passt zu

Dieses Gericht ist die ideale Beilage zu frischgegrillten Lammkotelettes. Dazu passt auch Couscous oder Hirse und ein kleiner Blattsalat. Da Hirse im Gegensatz zu Couscous gekocht werden muss, würde ich mich über einen glutenfreien Couscous-Produkt-Tipp im Forum freuen.

Als vegetarische Alternative schmeckt es zu einer Tomaten-Tarte, oder wenn es schnell gehen soll, einfach mit einem frischgetoasteten Roggenbrot oder Kichererbsen aus dem Glas mit Basilikum und Salat genießen. Apropos Tarte, noch eine Erinnerung, Aprikosen-Tarte – oder die "Marillenknödel der Provence".

Aus der Sicht der TCM

Melanzani sind süß und bitter, sie kühlen und eliminieren Hitze. Lorbeer wirkt beruhigend auf Geist und Verdauungstrakt. Da Grillen laut TCM als "yangigste" Zubereitung gilt, sind kühlende Melanzani eine ideale Begleitung für gegrillte Lammkotelettes. Die mediterrane Kombination mit dem kühlen Couscous ist ebenfalls ideal. Bei der vegetarischen Variante kann Couscous (abgesehen vom Gluten) für kühle Naturen zu erfrischend sein. In dem Fall wäre die wärmere Hirse zu bevorzugen. (Pascale Neuens, 18.6.2016)