Der Erfolg kam in der letzten Minute, die Enttäsuschung ebenso.

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Marseille – Während die albanischen Fans ihre Helden noch feierten, saßen die Spieler tieftraurig in der Kabine. Zum zweiten Mal hatten sie gut mitgespielt, zum zweiten Mal stand der EM-Debütant mit leeren Händen da. Weder die Aufmunterung der Fans noch die lobenden Worte von Nationaltrainer Giovanni De Biasi konnten die Albaner nach der Last-Minute-Niederlage gegen Gastgeber Frankreich trösten.

"Ich habe zu meinen Spielern gesagt: ‚Nehmt die Köpfe hoch. Seid stolz auf eure Leistung‘", sagte De Biasi nach dem 0:2 am Mittwochabend in Marseille. Erst in den Schlussminuten hatten Antoine Griezmann (90.) und Dimitri Payet (96.) die Hoffnungen des tapfer kämpfenden Neulings auf seinen ersten EM-Punkt zerstört. Der Traum vom Achtelfinale lebt dennoch weiter. De Biasi: "Ich glaube daran, dass wir gegen Rumänien gewinnen können. Drei Punkte könnten zum Weiterkommen schon reichen."

Doch im ersten Moment war das Ergebnis zu niederschmetternd, die Bilanz der bisherigen zwei Auftritte zu ernüchternd. Wie schon beim 0:1 gegen die Schweiz gab es trotz leidenschaftlicher Leistung keine Belohnung. "Frankreich hat großartige Spieler, aber wir haben Chancen gehabt – wir hätten sogar gewinnen können", sagte Torwart Etrit Berisha: "Und jetzt stehen wir wieder mit leeren Händen da."

Hoffnungsschimmer

Am Sonntag geht es in Lyon um die letzte Chance des Außenseiters. Der mutige Auftritt gegen Frankreich macht Hoffnung. Beim Stand von 0:0 rettete kurz nach der Pause die Stange für die zu diesem Zeitpunkt taumelnden Gastgeber. "Wir erhoffen uns eine Menge gegen Rumänien. Ich bin stolz, Teil dieses Teams zu sein. Mit dieser Moral werden wir versuchen, ein gutes Ergebnis zu erreichen", sagte Mergim Mavraj, der beim 1. FC Köln unter Vertrag steht.

Der Unterstützung ihrer Fans können sich Mavraj und Co. sicher sein. Tausende verfolgten das Spiel beim Public Viewing in Tirana, die ganz in rot gekleideten Anhänger in Marseille feuerten ihr Team leidenschaftlich an.

Schimpf und Schande blieben aus. "Ein heroisches Albanien wird erst am Ende von einem der Topfavoriten geschlagen", schrieb die Tageszeitung Tema. Noch glauben auch die Medien an den Achtelfinaleinzug.

Den hat Frankreich – als erste Nation – bereits fixiert. Allerdings eher glanzlos. Wie schon zum Auftakt gegen die Rumänen (2:1) tat sich der Mitfavorit schwer. "Die Franzosen haben es gerade noch vermieden, im Treibsand zu versinken. Sie haben sich im letzten Moment von einem Sklavenschiff befreit. Der Retter des Vaterlandes heißt Griezmann", schrieb die Tageszeitung Ouest France. Auch Courrier de l’Ouest war kritisch: "Wir sind im Achtelfinale, aber die Fragen bleiben."

Teamchef Didier Deschamps, der die Superstars Griezmann und Paul Pogba zunächst auf der Bank ließ, formulierte es positiver: "Wir haben alles getan, was nötig war, die Spieler sind mit großem Herzen dabei, aber wir hatten keinen guten Start, und es fehlte lange das Glück." Mit oder ohne Glück – im letzten Gruppenspiel gegen die Schweiz will der Gastgeber natürlich den Gruppensieg fixieren. Ehrensache. Und Albanien sich doch noch den Traum vom Achtelfinale erfüllen. (sid, red, 16.6.2016)