In Vorarlberg sind Arbeitnehmer laut Kununu am zufriedensten. Aber: Muss ein Job glücklich und zufrieden machen?

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Firmen begründen mit höherem Output, Philosophen und Wissenschafter machen auf andere Aspekte aufmerksam.

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Im Ländle sind die Arbeitnehmer am glücklichsten – zu diesem Schluss kommt zumindest die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu. Die Auswertung basiert auf über 100.000 Bewertungen, die bisher zu mehr als 30.000 österreichischen Unternehmen abgegeben wurden.

Auf die Wünsche der Mitarbeiter hören

Vorarlberg setzt sich mit einem Kununu-"Glücksscore" von 3,72 Punkten (von fünf möglichen) an die Spitze. Der Glücksscore setzt sich aus den wichtigsten Zufriedenheitsfaktoren am Arbeitsplatz zusammen: Vorgesetztenverhalten, Kollegenzusammenhalt, interessante Aufgaben und Arbeitsatmosphäre. Knapp dahinter landet auf Platz zwei die Steiermark mit 3,71 Punkten, das Burgenland liegt an dritter Stelle (3,71). Am unzufriedensten sind Arbeitnehmer anscheinend in Wien – hier beträgt der "Glücksscore" 3,45 Punkte.

Was steckt hinter den Zahlen? Laut Kununu schätzen glückliche Mitarbeiter vor allem die Freiheiten, die ihnen ihr Arbeitgeber zugesteht. Es gehe um Zielerreichung und Vertrauen anstelle von Arbeitskontrolle. Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Möglichkeit zählen auf der Plattform zu den häufigsten Suchanfragen in puncto Freiheiten.

Muss der Job glücklich machen?

Die Analyse wirft natürlich die Frage auf, ob bzw. wie sehr der Job denn glücklich und zufrieden machen sollte. Dass sich aktuell viele diese Sinnfrage stellen, erklärt Unternehmensphilosoph Dominic Veken mit der umfassenden Beschleunigung und Digitalisierung: "Mit Oberflächlichem kommt man nicht mehr weiter als Unternehmen, denn auch die Arbeitsbedürfnisse haben sich geändert, vor allem durch die Generation Y. Die ist im Wohlstand aufgewachsen. Sie fragen nach etwas Größerem." Seine These: Unser Tun braucht einen Sinn. Wenn man sich nicht als Teil von etwas Größerem begreift, hat kein Unternehmen eine Zukunft. Aber: Einen Sinn in der Arbeit sehen habe nichts mit Selbstverwirklichung oder Glück zu tun.

An der Messlatte "Beruf, der glücklich macht" scheitert eine Mehrheit der Berufstätigen, sagt auch der deutsche Buchautor Volker Kitz. Besonders vermeintlich inspirierende Geschichten à la "Verwirkliche deinen Traum von der Strandbar" würden den Menschen etwas vorgaukeln: "Diese Erzählungen suggerieren, dass niemand sich im Arbeitsleben mit weniger als dem makellosen Glück zufriedengeben dürfte. Dass jeder etwas ändern muss, der seinen Job nicht mit bis an Besinnungslosigkeit grenzender Leidenschaft ausübt." Millionen Menschen würden jeden Tag im Büro sitzen, am Fließband stehen oder für den Job am Boden herumkriechen und sich fragen, ob etwas falsch läuft, wenn man dabei keine Leidenschaft verspürt.

Wissenschaftlich schwer zu messen

Warum interessieren sich Unternehmen für glückliche Mitarbeiter? Die Antwort lautet meist: Weil sie besser, schneller, verlässlicher arbeiten. Die Vermessung des Glücks ist auf dem Vormarsch – nicht nur in Unternehmen, wo es dafür schon einen neuen Vorstandsjob gibt – den Chief Happiness Officer.

Zur Verbindung von Zufriedenheit und Performance bei der Arbeit gibt es aber widersprüchliche wissenschaftliche Ergebnisse. Zunächst sei das natürlich schwer zu bemessen – nämlich "genauso schwierig oder einfach wie die Temperatur der Seele oder die Farbe der Liebe", schreiben die Wissenschafter André Spicer und Carl Cederström. Sie haben sich Forschungsergebnisse zum Thema Zufriedenheit und Job genauer angesehen. "Selbstverständlich gibt es Resultate, die nahe legen, dass glückliche Mitarbeiter schneller arbeiten, seltener das Unternehmen verlassen und auch eher bereit sind, Überstunden zu machen. Aber wir haben ebenso Studien gefunden, die aufzeigen, dass manche der Weisheiten, die wir über Zufriedenheit am Arbeitsplatz als gültig akzeptiert haben, schlichtweg Mythen sind." (lhag, 17.6.2016)