Wien – Außenminister Sebastian Kurz hat am Mittwoch eine "offene Diskussion" darüber eingemahnt, wie es mit dem Asylsystem in Europa weitergehen soll. "Ich glaube, dass wir sehr offen aussprechen sollten, dass das derzeitige System nicht funktioniert, dass wir den Zustrom reduzieren müssen und mehr Hilfe vor Ort leisten müssen", sagte er. Besonders dringend sei auch die Wertevermittlung für Flüchtlinge.

Bei dem von seinem Ressort initiierten Symposium "Werte im Umbruch? Flüchtlingsintegration in Österreich" in der Wiener Hofburg betonte der für Integration zuständige ÖVP-Minister, im letzten Jahr habe es durch die Flüchtlingsbewegungen eine "Überforderung" von Österreich, Deutschland und Schweden gegeben. "Und es ist auch kein nachhaltiges System", so Kurz. Denn die Aufnahme von Flüchtlingen in Mitteleuropa sei "oft viel teurer als Hilfe vor Ort".

Der Außenminister verwies auch darauf, dass die Migrationsdebatte derzeit – nicht nur in Österreich, sondern europaweit – die "emotionalste Debatte" sei, "die wir haben". Man dürfe nicht so tun, "als wäre alles in Ordnung". "Sondern wir sollten zugeben, dass nicht alles in Ordnung ist." Denn derzeit würde nicht die EU entscheiden, "wer zu uns kommt, sondern die Schlepper". Nicht die "Ärmsten der Armen, sondern die, die sich auf die gefährliche Reise begeben", würden den Sprung nach Europa schaffen, sagte Kurz. Und damit würde das Sterben im Mittelmeer weitergehen.

Einmal mehr plädierte Kurz für eine gesamteuropäische Lösung. Diese könne nur lauten, einen "ordentlichen Schutz der Außengrenzen" durchzusetzen – und die Kontrolle über das Geschehen zu erlangen: "Wir entscheiden, wer zuwandern darf, wer Schutz bekommt – und nicht die Schlepper." Wenn man den Blick nach Australien oder Spanien richte, dann sehe man, dass es möglich sei, illegale Einwanderung zu unterbinden. Verteidigt wurden vom Außenminister einmal mehr die nationalen Alleingänge.

Angesichts der großen Migrationsbewegungen sei es "wichtiger denn je", den "Grundkonsens" der Gesellschaft zu diskutieren – und darüber, wie man diesen an die Flüchtlinge kommunizieren könnte, sagte Kurz. Jene Menschen, die nach Österreich kommen, müssten wissen, dass es einen Konsens gibt, "der nicht zur Debatte steht". Denn die Grundwerte "sind der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält", sagte er mit Blick etwa auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau, Religionsfreiheit oder Schulpflicht.

Gerade bei jenen Menschen, die im Jahr 2015 nach Österreich gekommen sind, sei diese Wertevermittlung ganz besonders dringend. "Nicht, weil die Flüchtlinge, die zu uns kommen, schlecht sind, sondern weil sie aus ganz anderen Kulturkreisen kommen." Kurz verwies auf die seit sechs Monaten laufenden Werte- und Orientierungskurse, damit schaffe man die Grundlage für eine erfolgreiche Integration. (APA, 15.6.2016)