Dominic Thiem hat in Stuttgart nicht so viele Punkte, dafür ein Auto gewonnen.

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Halle/Westfalen – Dominic Thiem ist am Montagabend beim ATP-Turnier in Halle/Westfalen eingetroffen, nur Stunden nach dem Gewinn des vertagten Stuttgart-Finales. Nach dem ersten ATP-Titel eines ÖTV-Spielers auf Rasen lässt sich der 22-Jährige bei dem ATP-500-Event aber nicht in den Favoritenkreis drängen. Er hält die Erwartungen in diesen Wochen weiter niedrig.

"Ich sehe mich auf Rasen nie weit kommen, das hat sich durch das Turnier (in Stuttgart, Anm.) nicht geändert", sagte der Weltranglisten-Siebente vor der Abreise aus Stuttgart. Er habe in den vergangenen Jahren sehr bescheiden auf Rasen gespielt. Viele hätten ihm daher auch dazu geraten, nicht in Stuttgart zu spielen und eine Pause einzulegen. Darauf und auf Halle wollte Thiem aber nicht verzichten.

Unerwartet

"Das sind zwei Turniere, die mir extrem taugen", erläuterte der Niederösterreicher. "Nichtsdestotrotz habe ich erwartet, dass ich in den ersten Runden rausgehe und dann nach Halle fahre und dann auch wieder. Dass das dann so endet, ist natürlich absolut unfassbar. Auf Rasen hätte ich es nicht in meinen kühnsten Träumen erwartet, dass ich irgendwann einmal einen Siegerpokal in die Höhe stemme."

In Halle war Thiems erste Partie bereits für Dienstagnachmittag angesetzt, vorerst im Doppel mit Stuttgart-Finalgegner Philipp Kohlschreiber. Im Einzel steigt er als Nummer drei am Mittwoch gegen den Portugiesen Joao Sousa ein. Im Viertelfinale könnte es zum neuerlichen Duell mit Kohlschreiber (8) kommen.

Im Flow

Thiem ist in einem "Flow" und will diesen Zustand möglichst lange beibehalten. Auch deswegen hat er sich nach dem Erreichen des Grand-Slam-Halbfinales in Roland Garros keine Auszeit gegönnt. "Wichtig ist, dass ich, auch wenn ich in Paris gut gespielt habe, nicht irgendwie aufhöre, sondern dass es immer weitergeht", meinte Thiem. "Schwieriger als ein Turnier zu gewinnen, ist es, das in der nächsten Woche zu bestätigen."

Für die Turnierdirektoren der diversen Turniere ist das natürlich ein Glück, einen Top-Ten-Mann begrüßt man immer gerne. Halle-Chef Ralf Weber hat Thiem am Montagabend mit einer Torte willkommen geheißen. "Herzlichen Glückwunsch zum ersten Rasentitel", sagte Weber. "Es ist ein weiterer Höhepunkt in einer überragenden Saison für dich. Hut ab vor diesen Leistungen."

Der heuer vierfache Turniersieger bedankte sich und versicherte, ein starkes Turnier spielen zu wollen. "Auf Rasen ist das natürlich vielleicht schwerer als auf Sand, weil es viele unangenehme Gegner gibt, gegen die man rausgehen kann." Er fühle sich aber körperlich noch sehr gut. Und das, obwohl er die achte Woche in Folge Turniere spielt. An seine 30 in Jahresfrist gespielten Events kommt sonst keiner aus den Top 20 heran.

Die vielen Turniere und die Punkte

Und in etwa dieser Tonart sollte es auch weitergehen, falls keine Verletzung dazwischen kommt. In der nächsten Woche steht bei Thiem zwar "nur" eine Rasen-Exhibition auf Mallorca auf dem Programm, danach Wimbledon und dann die Davis-Cup-Woche, in der er für Hamburg genannt hat. Die Woche darauf folgt Kitzbühel und noch Ende Juli beginnen die Nordamerika-Wochen. Hier wäre eine kleine Pause denkbar.

Die Vielspielerei bedingt auch, dass Thiem unterhalb Masters-1000-Niveau bei weitem nicht voll punkten kann. Für Stuttgart wurden ihm nur 70 statt der eigentlich für den Sieg ausgeschriebenen 250 Zähler auf das Konto verbucht. Ein etwaiger Titelgewinn in Halle würde ihm 250 statt 500 möglichen Zähler bringen. Erst ein gutes Abschneiden in Wimbledon würde Thiem im Punktestand wieder entscheidend voranbringen.

Die Sitzprobe

Derzeit nicht auf seiner Habenseite berücksichtigt sind unter anderen das Halbfinale beim 500er von Rio, das Finale von München, die Halbfinali bei den 250ern in Brisbane sowie aus dem Vorjahr in St. Petersburg und Kitzbühel, als auch das Achtelfinale vom Masters-1000-Turnier in Monte Carlo. Diese Ergebnisse würden für viele Spieler auf der Tour Karriere-Höhepunkte darstellen. Bei Thiem finden sie indes nur noch beiläufig Erwähnung.

Eine Prognose, ob und wie viele Turniersiege heuer noch dazukommen könnten, wollte Thiem nicht geben. Auch wenn es nicht überall wie in Stuttgart ein Luxusauto für den Finalsieg gibt, strebt der Lichtenwörther nach immer mehr. Thiem: "Jeder Turniersieg ist extrem schwer, extrem hart erkämpft." Das Bekanntwerden mit seinem neuen Wagen hat er dafür umso mehr genossen. "Die Sitzprobe war sehr, sehr schön." (APA, 14.6.2016)