Microsoft CEO Satya Nadella führt sein Unternehmen in neue Zeiten.

Foto: APA/AFP/MONEY SHARMA

Lange Jahre war Microsoft so etwas wie der Erzfeind der Open Source-Bewegung. Das Unternehmen aus Redmond verkörperte wie kein zweites all jene Dinge, die die Anhänger freier Software aus prinzipiellen Gründen ablehnen. Geheimgehaltener Code, aggressive Lock-in-Politik und mitunter ziemlich zweifelhafte Geschäftsmethoden. Untermalt wurde dies von der bekannt offenherzigen Rhetorik eines Steve Ballmer, der Open Source schon mal als "Krebsgeschwür" oder "antiamerikanisch" brandmarkte.

Open Source

Doch die Zeiten haben sich geändert, und zwar sehr grundlegend: "Lange Zeit war Microsoft ein Gegner von Open Source. Nun nehmen sie unter den großen Tech-Firmen eine führende Rolle in dieser Hinsicht ein", betont Nat Friedman gegenüber Fortune. Und Friedman weiß wovon er spricht, gehört er doch selbst zu den Pionieren der Open-Source-Bewegung. Gemeinsam mit seinem Kumpel Miguel de Icaza hatte er Ende der Neunziger-Jahre die Firma Ximian gegründet, die sich auf die Linux-Desktop-Entwicklung spezialisierte. Das Unternehmen wurde zwar in Folge an Novell verkauft, Jahre später fand man sich aber zu einem neuen Projekt zusammen, dessen CEO Friedman werden sollte: Xamarin.

.Net

Ziel von Xamarin ist es, die plattformübergreifende Entwicklung für mobile Betriebssystem zu vereinfachen. Im Kern dieses Unterfangens steht die Eigenentwicklung Mono, die als freie Alternative zu Microsofts .Net entstanden ist. Einst in direkter Konkurrenz agierend, haben sich die beiden Unternehmen in den letzten Jahren immer stärker angenähert. Das Ergebnis: Mittlerweile wurden weite Teile von .Net selbst unter einer freien Lizenz freigegeben, und im Februar verkündetet Microsoft dann die Übernahme von Xamarin – die beiden Open-Source-Verfechter sind nun also zu Mitarbeitern von Microsoft geworden. Eine großartige Chance, wie Friedman betont.

Umbruch

Fortune sieht hinter all dem einen grundlegenden Wandel bei Microsoft, der vor allem durch den Abgang des langjährigen CEOs Steve Ballmer eingeläutet wurde. Während sich Ballmer mit aller Kraft – und schwindendem Erfolg – am Bestandsgeschäft festzukrallen versuchte, hielt mit dessen Nachfolger Satya Nadella ein neuer Wind Einzug.

Wohl wissend, dass die besten Jahre von Windows – beziehungsweise des Desktop-Geschäfts als Ganzem – vorbei sind, setzte Nadella neue Schwerpunkte. Vor allem der Bereich Cloud-Computing ist es, der Microsoft in die Zukunft führen soll. Dies bedeutet aber auch, dass man alte Feindschaften aufgeben muss, läuft doch etwa ohne Linux kaum etwas im Cloud-Bereich. Entsprechend bietet Microsoft mittlerweile für seine Cloud-Plattform Azure auch offiziellen Linux-Support an.

Positive Reaktionen der Börse

An der Börse wird dieser Schwenk begrüßt. Die Aktie des Unternehmens notiert deutlich höher als in den Vorjahren. Dies ist nicht zuletzt deswegen bemerkenswert, weil Microsoft gerade den wohl größten Fehlkauf seiner Geschichte zu verdauen hat. 7,2 Milliarden Dollar hat man für die Mobiltelefonsparte von Nokia ausgegeben – nur um sich wenig später einzugestehen, dass man auf dem Markt für mobile Betriebssysteme derzeit gegen Android und iOS keine Chance hat. Die Folge: Tausende Entlassungen und hohe finanzielle Extrabelastungen für Microsoft.

Dass die Börse dies verzeiht, liegt vor allem am Glauben an den Erfolg der Cloud-Strategie. "Zum ersten Mal seit zehn Jahren gibt es einen zentralen Branchentrend, bei dem Microsoft ganz an der Spitze mit dabei ist", betont etwa Keith Weiss, Analyst bei Morgan Stanley. Sowohl Suchmaschinen als auch Browser und den Mobil-Trend habe das Unternehmen verschlafen. Zum Glück für Microsoft könnte Cloud Computing aber auf Sicht ein wesentlich wichtigeres Geschäft sein – und da kann man sogar damit leben, dass man mit Amazon und Google zwei mächtige Konkurrenten hat, mit denen man sich den Markt teilen muss. (red, 13.6.2016)