In Sirte, dem Herkunftsort Muammar al-Gaddafis, ist genau das Gemisch von Resten des gestürzten Regimes – den Verlierern der neuen (Un-)Ordnung in Libyen – und Islamisten vorhanden, das der IS als Bodensatz für seine Herrschaft braucht. Ebenso wichtig, wie ihn in Syrien und dem Irak zu schlagen, ist es, zu verhindern, dass er anderswo neue, tiefe Wurzeln schlägt.

Es gibt aber auch schlechte Nachrichten – die stets und überall, das heißt auch in Syrien und im Irak, die gleichen sind: Der militärische Kampf gegen den IS wird nicht von der Lösung der politischen Probleme begleitet, die früher oder später wieder mit Wucht aufbrechen werden.

Die Offensive in Sirte wird von der neuen, von der Uno vermittelten Regierung von Fayez al-Sarraj geführt – der jedoch noch immer von einem Teil der politischen Kräfte nicht anerkannt wird. Siege gegen den IS mögen ihn stärken, andererseits ist es ein Manko, dass sie mit US- und anderer Hilfe zustande kommen: Aus Sicht seiner Gegner holt er ausländische Mächte ins Land.

US-Präsident Barack Obama will ganz offensichtlich bei seinem Abtritt Anfang 2017 darauf verweisen können, dass er dem IS den entscheidenden Todesstoß versetzt hat. Die Sintflut, die nach dem IS kommt, fällt dann in die Zuständigkeit der nächsten US-Regierung. (Gudrun Harrer, 13.6.2016)