Werden im Saarland im Dezember Kinder tätowiert? Einige Facebook-Nutzer scheinen das zu glauben.

Screenshot: red

Werden im Saarland bei einer Veranstaltung kleine Kinder tätowiert und gepierct, wie es ein Event auf Facebook nahelegt? Ein paar Nutzer scheinen das tatsächlich zu glauben. Um den Event "2. Saarländisches Kindertätowieren und Piercen" gibt es einige Aufregung, da nicht alle den Beitrag als Scherz verstehen. Es ist ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass Ironie und Satire im Internet oft nicht funktionieren.

"Alle Kinder bis 12 Jahre"

"Erlaubt sind alle Kinder bis 12 Jahre. Es dürfen alle, selbst mitgebrachten Kinder tatowiert werden. Es müssen nicht die eignenen sein. Es findet auch wieder ein kleiner Wettbewerb statt. Über die verschiedenen Kategorien wird noch abgestimmt. Dank des großen Andrang konnten wir die Genehmigung eines Full Bodymod Event ergattern", erklären die Ersteller der Veranstaltung. Auf dem Event-Foto ist ein Bild zweier Kleinkinder mit tätowiertem Oberkörper zu sehen. Die meisten Nutzer erkennen darin klar eine Spaßveranstaltung. Ob man sie lustig findet, ist eine Sache. Ernst zu nehmen ist sie eindeutig nicht.

In Deutschland gibt es zwar keine gesetzlich verpflichtende Altersgrenze für Tätowierungen und Piercings, viele Tätowierer lehnen Minderjährige aber ab. Der Verein Deutsche Organisierte Tätowierer etwa sieht 18 Jahre als Altersgrenze. Jüngere Kunden benötigen eine Einwilligung der Eltern oder Erziehungsberechtigen. In Österreich ist das Tätowieren Jugendlicher unter 16 Jahren verboten, bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ist die Zustimmung der Eltern notwendig. Auf die Idee, Kinder unter zwölf Jahren zu tätowieren, kommt wohl kein Tätowierer, der seinen Job und seine Reputation in der Branche nicht riskieren will.

"Kommt ihr eigentlich noch kla ?"

Bei dem Facebook-Event fragt ein Nutzer "Wie krank ist das denn?!", ein anderer meint: "Kommt ihr eigentlich noch kla ? Das ist doch unglaublich das sind Kinder ich kann euch nicht verstehen (eltern) sollen die sich doch tätowieren und sollen den Kindern lieber lego schenke und nicht so eine scheiße man sollte euch verklagen ....Und armes Deutschland das sowas hier zugelassen wird." Und selbst einige jener Nutzer, die erkennen, dass der Beitrag nicht ernst gemeint ist, kritisieren ihn: "Auch wenn es nur ein Fake ist: Wenn ich mir so den einen oder Kommentar durchlese, stelle ich fest, dass hier Einige richtig krank sein müssen. Und ja – ich verstehe Humor. Auch Schwarzen, aber das ist trotzdem nur krank…"

Der Verein "Mimikama", der die Veranstaltung entdeckt hat, meint dazu: "Bei diesem Event handelt es sich bei um Satire. In der Veranstaltung wütende Kommentare zu hinterlassen macht auch keinen Sinn, da man sich damit unter Umständen zum Gespött machen kann. Wer diesen ‚schwarzen Humor‘ nicht möchte, einfach ignorieren und weitergehen!"

Satire funktioniert im Internet oft nicht

Bei Postings in sozialen Medien ist es oft der fehlende Kontext, der es Nutzern schwer macht einen Text als Ironie zu erkennen. Bei der Facebook-Veranstaltung gibt es keinen eindeutigen Hinweis "Achtung: Satire" – Facebook soll solche Kennzeichnungen bereits überlegt haben.

Die wissenschaftliche Erklärung dafür ist beim Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick zu suchen, wie vor einigen Jahren schon das Marketingportal "Steadynews" erläutert hat. Auch wenn er seine Grundsätze der menschlichen Kommunikation aufgestellt hat, bevor es das Internet gab, können diese auch auf das Web angewendet werden.

Laut Watzlawick funktioniert Kommunikation auf einer analogen und einer digitalen Ebene. Mit digital ist in diesem Zusammenhang der Inhalt gemeint, der durch Wörter transportiert wird. Die analoge Ebene bezieht sich auf nonverbale Ausdrucksformen wie Gestik, Mimik und Tonfall. Fehlen sie, kann es schwierig werden, die Intention richtig zu deuten. Selbst bei so offensichtlich scherzhaft gemeinten Einträgen wie dem "Saarländischen Kindertätowieren". Versteht man solche Scherze nicht, ist das eventuell peinlich, aber harmlos. Wird politische Satire missverstanden, können die Konsequenzen jedoch schwerwiegender sein. (Birgit Riegler, 12.6.2016)