Arbeiter beim Autobahnbau.

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Wien – Wenn ein Installateur in Madrid oder Athen seinen Arbeitsplatz verliert, geht er in der Regel nicht nach Berlin oder Paris, um dort eine Stelle zu finden. Sprachliche und kulturelle Barrieren behindern die grenzüberschreitende Migration. Aber auch große Unterschiede im Pensions- und Sozialrecht der 28 EU-Länder schrecken Menschen davon ab, woanders ihr Glück zu versuchen.

Die Folge davon ist, dass Arbeitslosigkeit in jenen Regionen konzentriert bleibt, in denen die Krise einmal zuschlägt. Darunter leiden Länder wie Spanien, Griechenland, Portugal und Kroatien. Ein Beispiel könne sich Europa an den USA nehmen. Dort ist die Migration innerhalb des Landes pro Jahr viermal höher als in der EU, heißt es in einem am Freitag erschienenen Bericht der Industriestaatenorganisation OECD über die wirtschaftlichen Probleme Europas.

Hoher Zuzug

Die OECD untermauert ihren Befund mit einer Reihe von Statistiken. Eine ist aus heimischer Sicht besonders interessant. Laut OECD ist Österreich jenes Land in der EU, in das, gemessen an der Bevölkerung, die meisten Menschen aus einem anderen Unionsstaat einwandern. Auf tausend Einwohner kommen in Österreich laut jüngsten verfügbaren Daten acht zugezogene Unionsbürger. Auf Platz zwei und drei in der Statistik folgen Irland und Belgien, wobei nicht aus allen 28 EU-Ländern Daten vorliegen, Luxemburg etwa fehlt in der Statistik.

Die Krise der vergangenen Jahre hat die Migrationsströme verändert. Die Rezessionen in Spanien und Irland haben dafür gesorgt, dass die Zahl der Einwanderer in diese Länder deutlich zurückging.

Die OECD-Zahlen dürften bei jenen, die für die gespannte Situation am österreichischen Arbeitsmarkt Migranten verantwortlich machen, die Alarmglocken schrillen lassen. Neben der FPÖ ertönte zuletzt aus der Arbeiterkammer der Ruf nach einer Abschottung des Arbeitsmarktes. Die mit Abstand größte Gruppe der in Österreich lebenden EU-Bürger stellen die Deutschen (170.000). Danach folgen laut Statistik Austria Rumänen, Ungarn, Polen, Slowaken und Kroaten. Vor allem auf die Gruppe dieser Osteuropäer konzentriert sich die jüngere Debatte.

Integration vorantreiben

Die OECD sieht in länderübergreifender Migration aber wie erwähnt keine Bedrohung, sondern eine Chance. Die Organisation glaubt generell, dass Europa wirtschaftlich besser dran wäre, wenn die ökonomische Integration vorangetrieben wird. Von den vier Grundfreiheiten in der EU, also der Waren-, Dienstleistungs-, Kapital-, und Personenverkehrsfreiheit werde nur Erstere in befriedigendem Ausmaß gelebt.

Laut OECD bestehen in vielen Ländern, darunter Österreich, administrative und gesetzliche Hürden, die dafür sorgen, dass Unternehmen ihre Dienstleistungen nicht in vollem Umfang grenzüberschreitend anbieten können. Was die Arbeitnehmerfreizügigkeit betrifft, moniert die Organisation, dass in der Union zu wenig in die Fremdsprachenkenntnisse investiert werde. So bieten nur 14 der 28 EU- Staaten Sprachkurse für Einwanderer an, die staatlich gefördert werden. Die Anerkennung beruflicher Qualifikationen im Ausland dauere zu lange. Die Eurokrise hat auch dazu geführt, dass viele Banken ihr grenzüberschreitendes Geschäft zurückgefahren haben. (András Szigetvari, 11.6.2016)