Gina-Lisa Lohfink, deutsches Model und Ex-Kandidatin bei "Gemany’s Next Topmodel", steht wegen angeblicher Falschaussage vor Gericht. Vor vier Jahren hatte sie eine Vergewaltigung zur Anzeige gebracht. Dazu gibt es Videoaufnahmen, die die mutmaßlichen Täter ins Netz gestellt haben und die seither millionenfach angeklickt wurden. Der Prozess läuft schon seit 2012, im Juni wurde er wegen Berufung Lohfinks wieder aufgenommen. In den letzten Tagen wurde dazu medial vor allem Victim-Blaming betrieben. Jetzt macht sich Unterstützung im Netz breit – auch eine Solidaritätsdemo vor dem Amtsgericht Berlin wurde für 27. Juni, den nächsten Verhandlungstag, angekündigt.

Das Video von der Vergewaltigung entstand im Juni 2012 nach einer Partynacht. Es zeigt, wie zwei Männer Lohfink gegen ihren Willen penetrieren. Mehrmals sagt sie "Hör auf", ruft "Hilfe". Sie wirkt weggetreten. Nach eigenen Angaben hatte sie in dieser Nacht einen "Filmriss", wusste unmittelbar nach der Nacht nicht mehr, was geschehen war.

Millionenfach geklickt

Wie "stern.de" berichtete, versuchten die mutmaßlichen Täter indes, die Aufnahmen an Boulevardmedien zu verkaufen, fanden keine AbnehmerInnen und verbreiteten es dann im Netz. Als Lohfink das Video sah, vermutete sie, dass ihr vor dessen Aufnahme K.-o.-Tropfen verabreicht wurden. Der eingeschaltete Medienanwalt erstattete Anzeige. Zu diesem Zeitpunkt konnte man die K.-o.-Tropfen nicht mehr nachweisen. Und obwohl es ein Video gibt, wird Lohfink vor Gericht nicht geglaubt. Sie wurde sogar wegen Falschaussage zu 24.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Dagegen wurde Berufung eingelegt, die Verhandlung Anfang Juli wieder aufgenommen.

Seither ist das mediale Interesse an dem Fall wieder erwacht. Doch hier regnet es viel Häme. Streckenweise wird Lohfink nur als "Blondine" und "Doppel-D-Sternchen" bezeichnet, auf ihre Haarfarbe und Körbchengröße reduziert. Wiederholt ist von "Sexvideo" die Rede, doch was hat eine Vergewaltigung mit Sex zu tun? Und: Warum zeigt das größte Sexportal Pornhub Videos, deren Darstellerinnen kein Einverständnis zur Veröffentlichung gegeben haben? In diesem Fall ein Video, in dem Lohfink mehrmals "Hör auf" sagt – eine Vergewaltigung, millionenfach geklickt.

Nein heißt nein

"Doch wer die Filmaufnahmen der Tat im Netz gesehen oder Transkripte gelesen hat, ist überzeugt, eine Straftat gesehen zu haben", schreibt Jenny Kallenbrunnen auf "stern.de". "Stell dir vor, dir wird Gewalt angetan, und dein Trauma wird mit einer Kamera dokumentiert und für alle sichtbar ins Netz gestellt", fasst Teresa Buecker im Onlinemagazin "Edition F" zusammen. "Eine Vergewaltigung muss als Vergewaltigung gelten, egal, wem sie widerfährt", schreibt Helen Hahne ebenso auf "Edition F". Und Anne Wizorek zitiert in "Broadly" Lohfinks Anwalt Burkhard Benecken, der sagt: "Wenn das Vorgehen in Berlin Schule macht, traut sich bald keine sexuell genötigte Frau mehr in Deutschland zur Polizei." Über den medialen Umgang mit dem Fall schreibt Wizorek: "Als hätte man nichts aus #aufschrei gelernt, nichts aus #KölnHbf und den damit verknüpften Debatten."

Unzählige Tweets und Blogs befassen sich nun auf #teamginalisa und #neinheisstnein damit und stellen sich hinter Lohfink. "Nein heißt nein", schreibt das Magazin "Emma" und titelt: "Wir sind Gina-Lisa!" (red, 10.6.2016)