Bregenz – Nach den Morden bei einem Rockerkonzert in Nenzing, wo der als rechtsextrem bekannte 27-jähriger Gregor S. zwei Festivalbesucher erschoss, wollte die SPÖ mit einer Landtagsanfrage mehr über das rechte Gewaltpotenzial in Vorarlberg wissen. Die Antworten von Sicherheitslandesrat Erich Schwärzler (ÖVP) auf die Fragen von Gabi Sprickler-Falschlunger brachten jedoch wenig Klarheit. Außer: Bei dem Täter, der sich nach den Schüssen auf Konzertbesucher (zwölf wurden zum Teil schwer verletzt, zwei starben noch am Tatort) selbst erschoss, wurde in den vergangenen Jahren keine Hausdurchsuchung durchgeführt.

Der Mann, der Mitglied des Neonazi-Netzwerks Blood & Honour war, wurde seit 2005 achtmal rechtskräftig verurteilt. "Vorwiegend wegen Gewaltdelikten und einmal nach dem Waffengesetz", so Schwärzler. Gegen ihn bestand ein Waffenverbot.

S. verwendete bei seiner Tat zwei Kalaschnikow-Nachbauten der Marke Zastava M92, die als verbotenes Kriegsmaterial gelten. Bei einer Hausdurchsuchung nach der Tat wurde zudem eine Werfergranate gefunden, die nun von Experten "waffenrechtlich eingestuft" wird. Die Herkunft der Waffen sei noch Gegenstand von Ermittlungen.

Ob bei den anderen Blood-&-Honour-Aktivisten – 15 bis 20 Personen machen laut Schwärzler den harten Kern des Vorarlberger Netzwerks aus – in den vergangenen beiden Jahren Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden, weiß Schwärzler nicht. Dazu gebe es keine Statistik.

Amtsdeutsch gegen Neonazis

Die rechte Szene werde von der Polizei beobachtet, versichert Schwärzler immer wieder. Was damit genau gemeint ist, vermag er in der Anfragebeantwortung nicht zu präzisieren. Seine Antwort: "Laut Auskunft der Landespolizeidirektion Vorarlberg werden mit den bekannten Personen, die in Vorarlberg einer rechtsgerichteten Gesinnung zugeordnet werden können, von Polizeibeamten Gefährderansprachen und Normverdeutlichungen durchgeführt." Denn: "Von Personen, die mehrfach aufgrund ihrer rechtsgerichteten Ideologie polizeilich auffällig werden, werden polizeiliche Aktivitäten verstärkt mit besonderer Sensibilität wahrgenommen."

Weil die Anfrage wegen Bundeszuständigkeit außerparlamentarisch beantwortet wurde, konnte sie im Landtag nicht diskutiert werden.

Ein Land der Waffenbesitzer

Ebenfalls nicht in die Kompetenz des Sicherheitslandesrat fällt der Waffenbesitz von Herrn und Frau Vorarlberger. Die Grünen wollten in einer dringlichen Anfrage von Schwärzler Auskunft über die laut Innenministerium rasant gestiegene Bewaffnung Vorarlberger Haushalte. Schwärzler bestätigt, dass in den vergangenen drei Jahren die Anzahl der Waffen in Vorarlberg, wo rund 386.000 Menschen leben, um 52 Prozent gestiegen sei.

In absoluten Zahlen sind das 23.041 Waffen, darunter 9.158 der Kategorie B, zu der auch halbautomatische Waffen zählen. Diese Waffen seien, erklärt Schwärzler, auf Auskunft der Polizei durchaus zur Selbstverteidigung oder als Sportwaffen geeignet. 66 Prozent der Neuanträge auf Waffenbesitzkarten und 87 Prozent der Anträge auf Waffenpässe wurden genehmigt.

Mehr als 4.000 Waffenverbote

Gegen 4.147 Personen besteht laut Schwärzler ein Waffenverbot. Dessen Kontrolle war dann auch Gegenstand einer Debatte. Denn kontrollieren darf die Polizei nur bei "Bestehen eines begründeten Verdachts". Man müsse bei der Vollziehung des Waffenverbots "einen Zahn zulegen", sagte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP).

"Mehr Rechte für die Polizei" forderte auch Michael Ritsch (SPÖ), ein früherer Exekutivbeamter, der klarstellte: "Eine normale Vorarlberger Familie braucht keine Waffe zu Hause." Anfragestellerin Nina Tomaselli warnte angesichts der Tat von Nenzing und eines weiteren Waffenfunds bei einem der rechtsextremen Szene zugerechneten Mann "vor Extremismus und Terror". (Jutta Berger, 9.6.2016)