Berlin/Moskau- Aserbaidschan hat zugesagt, die EU spätestens ab 2020 mit Gas versorgen zu können. "Der Bau des südlichen Korridors wird 2019 abgeschlossen sein", sagte Präsident Ilham Alijew am Dienstag in Berlin nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Mit dem "Südlichen Korridor" ist eine Pipeline gemeint, durch die Gas aus Aserbaidschan über die Türkei in die EU geliefert werden soll. Russlands Präsident Wladimir Putin betonte, die Planungen für die 2014 eigentlich abgesagte South-Stream-Pipeline, die Gas aus Russland über das Schwarze Meer in die EU bringen sollte, sei immer noch aktuell.

Alternative zu Russland

Seit Jahren versucht die EU neben den Gaslieferungen aus Russland auch Gas von anderen Lieferländern zu erhalten. Eine Option sind dabei Gaslieferungen aus Zentralasien, dem Kaukasus oder Iran über die Türkei nach Westen. Das frühere Nabucco-Projekt war gescheitert. Seit dem Ende des Atomstreits mit dem Iran hat die Planung für die Versorgung Europas über diese Südrouten aber wieder Auftrieb erhalten. Die Investitionskosten für den "Südlichen Korridor" lägen bei 35 Milliarden Dollar, beteiligt seien mittlerweile sieben Staaten, davon drei EU-Länder, sagte der aserbaidschanische Präsident Alijew. Möglicherweise fließt über diese Verbindung künftig auch Gas aus dem Iran Richtung Westen.

Merkel begrüßte das Projekt, weil es zu einer besseren Gasversorgung Europas und zur Streuung der Energielieferanten beitrage. Deutschland habe sich für den südlichen Korridor eingesetzt und sie freue sich, dass die Arbeiten planmäßig vorangingen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte die Gasverbindung als einen wesentlichen Bestandteil der EU-Strategie zur Energiesicherheit bezeichnet.

South Stream im Dezember 2014 gestoppt

Putin hatte das konkurrierende South-Stream-Projekt Anfang Dezember 2014 gestoppt, das Gas über Bulgarien in die EU liefern sollte. Grund waren Einwände der EU-Kommission aus Wettbewerbsgründen. Russland plante danach eine Gaspipeline in die Türkei (Turkstream). Das Projekt kam aber wegen der sich verschlechternden russisch-türkischen Beziehungen im Zusammenhang mit dem Syrien-Krieg ebenfalls ins Stocken. Nach Gesprächen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Moskau betonte Putin am Dienstag, dass Russland "definitiv" weder South Stream noch Turkstream aufgegeben habe. Er erwarte aber klare Aussagen der EU-Kommission zu den Projekten.

Die EU-Kommission prüft derzeit noch ein weiteres Pipeline-Projekt, nämlich den geplanten Bau der Nord Stream II-Pipeline durch die Ostsee. Dagegen hatte nicht nur Polen, sondern auch Italien interveniert, das lieber eine Gasanbindung Südeuropas aus dem Osten möchte. In der Bundesregierung hat sich der SPD-Teil der Koalition für den Bau ausgesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte dagegen, dass es sich um ein privatwirtschaftliches Projekt handle – und auf die Prüfung der EU-Kommission verwiesen. (APA, 7.6.2016)