Da stand er selbst noch im Betrieb: der damalige ÖBB-Holding-Chef und heutige Bundeskanzler Christian Kern mit ÖBB-Lehrlingen.

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Die seit längerem geplante Ausbildungspflicht bis 18 Jahre wurde am Dienstag im Ministerrat beschlossen. Nun geht das Gesetz ins Parlament, wo es mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen werden muss, um Gültigkeit zu erlangen.

Wer nur einen Pflichtschulabschluss habe, sei dreimal so stark von Arbeitslosigkeit bedroht wie andere und habe ein ganzes Leben lang Nachteile zu befürchten, begründet Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) die noch unter dem damaligen Sozialminister Rudolf Hundstorfer unter dem Namen Ausbildungsgarantie eingeleitete Reform.

Ab kommendem Schuljahr

Die Pflicht beginnt mit dem kommenden Schuljahr zu wirken. Wer seine Pflichtschulzeit im Schuljahr 2016/17 beendet, muss deshalb danach eine anderweitige Ausbildung, also eine Lehre, schulische Bildung oder eine andere Art von Qualifizierung beginnen. Auch ein freiwilliges soziales Jahr wird als Ausbildung anerkannt.

Sanktionen sind vorerst nicht vorgesehen. Die Pflicht betrifft zuerst die Erziehungsberechtigten, die melden müssen, wenn ihre Kinder keine Ausbildung machen. Auch Ausbildungsstätten sind angehalten, eine Meldung zu erstatten, wenn die Lehre oder der Kurs abgebrochen wird.

Hat ein Jugendlicher vier Monate nach Ende der Pflichtschule keine Ausbildung begonnen, wird er oder sie von der Koordinierungsstelle des Arbeitsmarktservice kontaktiert. Es folgen Coachings, nur in letzter Konsequenz sind auch Verwaltungsstrafen der Erziehungsberechtigten analog zur Schulpflicht geplant.

Opposition skeptisch bis optimistisch

Die grüne Arbeitnehmersprecherin Birgit Schatz sieht in der neuen Ausbildungspflicht "Chancen", Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker dagegen hält sie für einen schwachen Ersatz für eine echte Bildungsreform.

Schatz gab sich abwartend, ob die Maßnahmen wirklich erfolgreich sein würden. Das Konzept werde wohl eine Weiterentwicklung und ausreichende Finanzierung brauchen, merkte sie an. Sie ist aber "optimistisch, dass mit der jetzigen Vorlage eine gute Basis geschaffen wurde". Dass Asylwerber ausgenommen sind, sei aber ein "schwerer Fehler".

Nicht besonders viel kann mit der Ausbildungspflicht Loacker anfangen. Diese sei zwar "gut gemeint, aber letztendlich der falsche Weg", hielt er in einer Aussendung fest. Denn die Jugendlichen müssten schon während der Schulpflicht gefördert und gefordert werden. Er wittert die Gefahr einer "Einstellungspflicht für Unternehmen", denen derart schlecht qualifiziertes Personal aufgezwungen werde.

"Enttäuscht" ist die Bundesjugendvertretung. Vorsitzende Johanna Tradinik sah Kritikpunkte am Begutachtungsentwurf nicht beseitigt, etwa, dass es schlicht zu wenig Angebot gebe. Ihre Kollegin Julia Herr, auch Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, vermisst ebenfalls die Inklusion der Asylwerber. (sterk, APA, 7.6.2016)