"Ein Wahnsinn" ist für Heinrich Schaller die Bankenabgabe.

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Wien – Von der Durchforstung der Gewerbeordnung bis zu einem "New Deal" zur Stimulierung der Wirtschaft: Neobundeskanzler Christian Kern hat mit seinen ersten wirtschaftspolitischen Statements einige Erwartungen geweckt. Auch die Banken hoffen nun, wieder mehr Gehör zu erhalten. Sie beklagen seit langem das Zusammenprallen mehrerer Belastungen – von der Bankenabgabe bis hin zu höheren Eigenkapitalvorschriften.

"Kerns Aussagen zur Wirtschaft deuten darauf hin, dass der neue Kanzler für unsere Anliegen offen ist", findet Heinrich Schaller, Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB). Änderungen bei der Bankenabgabe sind aus seiner Sicht vordringlich. Die Steuer hat für die RLB zuletzt 35 Millionen Euro ausgemacht, mit den Beiträgen zur Einlagensicherung und zum Bankenabwicklungsfonds werde Oberösterreichs größtes Institut mit mehr als 50 Millionen Euro jährlich belastet, erläutert Schaller. Dazu kommt noch der Extrakapitalpuffer für systemrelevante Banken, der für die RLB Oberösterreich ein Prozent der risikobereinigten Aktiva ausmacht. Mit der Regulierungsflut seien bei der RLB bereits 150 bis 200 Leute beschäftigt, schätzt Schaller. Die Sinnhaftigkeit mancher Regelung bezweifelt er: "Zum Teil werden grundeinfache Dinge verkompliziert."

Die Bankenabgabe sei deshalb "ein Wahnsinn", weil sie als "Substanzsteuer" unabhängig von der Ertragslage bemessen werde. Bisher war die Branche bei Finanzminister Hans Jörg Schelling auf offene Ohren gestoßen, scheiterte mit ihren Entlastungswünschen aber an Exkanzler Werner Faymann. Doch dabei belässt es Schaller nicht: Um die Wirtschaft flottzumachen, müssten generell die Vorschriften entrümpelt werden, und die Zahl der Behörden müsste verringert werden.

Mehr auf Sicherheiten achten

Die Bankenregulierung könnte auf das Wachstum drücken, warnt Schaller. "Die Banken müssen bei der Kreditvergabe mehr auf ihre Sicherheiten achten", deutet er restriktivere Konditionen an. Das könnte sich insbesondere bei einem Konjunkturaufschwung und damit einer höheren Kreditnachfrage negativ auf den österreichischen Geldsektor auswirken. Ausländische Konkurrenz – so Schallers Befürchtung – werde wohl dank niedrigerer Bankenabgabe und Kapitalvorschriften in fremden Revieren jagen und den heimischen Banken Kunden abspenstig machen.

Hauptthema im Raiffeisen-Reich sind derzeit aber Strukturbereinigungen, an deren erster Stelle die geplante Verschmelzung von Raiffeisen Zentralbank und Raiffeisen Bank International steht. Er sehe die Prüfung des Zusammenschlusses "positiv", erklärt Schaller, zumal sich die Rahmenbedingungen für die Banken in den vergangenen Jahren massiv verändert hätten.

Darüber hinaus will der Banker die Zusammenarbeit des Verbundes forcieren. Aktivitäten im Bereich Verwaltung – von Steuern, Compliance über Treasury bis hin zur Kreditabwicklung – und in jenem der Informationstechnologie sollen zusammengeführt werden, meint Schaller. "Wer etwas am besten kann, soll es für alle machen", lautet seine Vision für den Raiffeisen-Sektor. (as, 6.6.2016)