Vom Flüchtlingsheim ist ein verkohlter Trümmerhaufen geblieben. Am Sonntag findet um 16.00 vor Ort eine Solidaritätskundgebung statt.

Werner Dedl

Altenfelden – Backerbsensuppe, Bernerwürstel mit Pommes und ein Stück Kuchen stehen an diesem Freitag im Gasthaus Zeller auf dem Menüplan. In der beliebten Labstelle direkt am Marktplatz von Altenfelden scheint auf den ersten Blick die Mühlviertler Welt noch in Ordnung. Der Stammtisch ist gut besetzt, die Chefin des Hauses ist im Dauereinsatz zwischen Küche und Gaststube.

Und doch ist in der rund 2000-Seelen-Gemeinde am Rande des Böhmerwaldes, bislang über die Ortsgrenzen vor allem für den Wildpark bekannt, seit vergangener Woche nichts mehr so, wie es einmal war. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch läutete das Heulen der örtlichen Feuerwehrsirene um exakt 1.47 Uhr das Ende der Beschaulichkeit ein. Gerufen wurden die Einsatzkräfte zu einem Brandort mit unglaublicher Symbolkraft: Am Ortsrand stand eine Flüchtlingsunterkunft, in die in den nächsten Wochen 48 Flüchtlinge einziehen sollten, in Flammen – angezündet von bislang unbekannten Tätern.

Der Geruch von verbranntem Holz liegt noch schwer in der Luft. Bagger arbeiten sich durch den verkohlten Schutt. Lastwagen reihen sich auf dem Grundstück gleich neben dem Altstoffsammelzentrum, bereit, den Weg für einen raschen Wiederaufbau freizuräumen. Man hat es eilig, die Wunde zu schließen. Zumindest das Augenscheinliche soll rasch beseitigt werden. Eine Brandruine eines Flüchtlingsheims an der Ortseinfahrt verträgt sich nicht mit Mühlviertler Gastlichkeit.

"Aufgeheizte" Stimmung

Doch allein bauliche Maßnahmen werden nicht reichen, um die tiefen Gräben im Ort zuzuschütten. Die geplante Unterkunft für Flüchtlinge sorgt bereits seit geraumer Zeit für heftige Kontroversen. Bei einer Informationsveranstaltung im Februar trafen Gegner und Befürworter im Pfarrsaal aufeinander. "Aufgeheizt" sei die Stimmung damals gewesen, erinnert sich Bürgermeister Klaus Gattringer (ÖVP) im Gespräch mit dem Standard. Der Gemeindechef spielt nachdenklich mit der Krempe seines schwarzen Hutes, zwirbelt nervös seinen grauen Bart. "Natürlich hat es damals Buhrufe gegeben – und eine Unterschriftenliste. Aber nachdem wir dann den Standort weiter an den Ortsrand verlegt haben, war es eigentlich ruhig – dachte ich bis vergangene Woche zumindest."

Kommunale Selbstzweifel

Der Bürgermeister wirkt sichtlich geknickt. Kaum Schlaf, ein Interview jagt das nächste, dazwischen Termine mit dem Landeshauptmann, der Bezirksobfrau, der Polizei. Zeit für Selbstzweifel bleibt aber: "Vielleicht hätte ich noch mehr tun können. Mehr reden mit den Menschen, eine zweite Info-Veranstaltung. Aber eigentlich war die Stimmung im Ort doch gut." Eines nagt ganz besonders an Gattringers Gemüt: "Ich hoffe nur, dass es keiner aus dem Ort war. Wenn doch, wird es unglaublich schwer."

Eine Meinung, die auch viele Altenfeldner teilen: "Es ist die ganze Sache schon furchtbar tragisch, aber wenn das einer von uns war – unglaublich. Man spürt das Misstrauen jetzt schon. Keiner redet mehr offen über das Flüchtlingsthema. Man könnte ja falsch verstanden werden." Eine ältere Dame, die gerade aus der Kirche eilt, setzt nach: "Man kann unterschiedlicher Meinung sein. Aber Abfackeln ist doch keine Lösung."

Facebook-Warnung

Beim Mittagsstammtisch ist man da offensichtlich anderer Meinung. "Mein Gott, ein illegaler Bau wurde warm abgetragen", erklärt ein Gast zwischen Würschtl und Bier. Der Kollege im Blaumann setzt nach: "Ich hab das Flüchtlingsheim vorher nicht gebraucht und brauch es jetzt nicht. Aber uns fragt doch sowieso keiner. Die Politik macht, was sie will. Und dann wundert man sich, wenn’s brennt. Da wollte halt einer ein Zeichen setzen."

Genau solche Stammtischgespräche sind es, die Gattringer "rasend" machen: "Illegal errichtet? Lächerlich. Da gibt es eine Notverordnung, und damit darf das Gebäude rechtlich gesichert gebaut werden." Via Facebook hat der Gemeindechef deshalb klargestellt: "Ich will von niemandem, auch nicht nach ein paar Bier, hören, dass der Brandstifter recht hat." (Markus Rohrhofer, 04. 06.2016)