Mit dem Bus in die weite Welt hinaus. Unterhaltung an Bord und niedrige Preise machen diese Form des Reisens wieder schick. Mit den Gastarbeiterbussen von einst, hat das nichts mehr zu tun.

Foto: Maria von Usslar

Wien – Busreisen sind wieder in. Spätestens seit neue Anbieter wie Flixbus von Deutschland aus den Fernbusmarkt aufmischen. Seit 2013 dürfen Fernbusse dort Strecken bedienen, die bis dahin der Deutschen Bahn vorbehalten waren. Der Markt entwickelt sich rasant. 20 Millionen Menschen fuhren 2014 mit einem der Anbieter, die Bahn transportierte im selben Zeitraum 131 Millionen. Im Vorjahr stieg die Zahl der Buspassagiere auf 21,8 Millionen.

Auch die heimische ÖBB will am Kuchen mitnaschen und steigt ab 14. Juli mit 28 Bussen unter der Marke Hellö ein. Und mit einem Fixpreis von 15 Euro bis zum September. Insgesamt elf Linien werden unter dem Motto "Der Fernbus gegen Fernweh" losgeschickt. Abfahrtspunkte sind neben Wien Linz, Salzburg, Graz, Villach und Bregenz. Weil mit dem Fernbus eine internationale Grenze überschritten werden muss, kann allerdings innerhalb Österreichs nicht ein- und ausgestiegen werden. Zentraler Hellö-Busbahnhof ist der internationale Busterminal am Wiener Hauptbahnhof. Wer mit der Bahn von St. Pölten nach Wien reist, fährt zum Vorteilscard-Tarif. Von Innsbruck geht die Reise nach Zürich. WLAN und zwei Gepäckstücke sind im Fahrpreis inkludiert.

Bus und Bahn

Bis 2020, so das Ziel, will die ÖBB zusätzlich eine Million Fahrgäste transportieren – nicht nur mit dem Bus wohlgemerkt, sondern auch mit der Bahn. Das ÖBB-Angebot wird den heiß umkämpften Markt auch in Österreich beleben. Denn hierzulande ist man von einem explosionsartigen Zuwachs wie in Deutschland weit entfernt. Ähnlich wie die Schweiz versucht auch Österreich Konkurrenten mithilfe des Gesetzes von den Straßen fernzuhalten.

Laut Daten des Busvergleichsportals CheckMyBus konnten 2014 Kunden in Deutschland rund einhundertmal so viele Verbindungen wie in Österreich nutzen. Hierzulande wurden knapp 200 angeboten, dazu kamen rund 1200 in Nachbarländern wie Deutschland, Italien, Tschechien oder Ungarn. Daran dürfte sich nicht viel geändert haben, ebenso wie bei den Preisen sagt Katja Härlein von CheckMyBus.

Deutsche fahren billiger Bus

Laut Berechnungen des Portals fahren die Deutschen billiger Bus. Der Durchschnittspreis für Auslandsverbindungen von Österreich auf den zehn beliebtesten Strecken lag 2014 bei 7,8 Cent je Kilometer. Auf Verbindungen innerhalb Österreichs kam man auf 13,2 Cent – zweieinhalbmal mehr als im liberalisierten Nachbarland. Was die Preispolitik der ÖBB nach dem September betrifft, wollen sich die Bahn-Verantwortlichen nicht als Billigstanbieter positionieren. "Der niedrigste Preis ist nicht geplant", sagt Tobias Hann, Chef der neu gegründeten ÖBB-Fernbus GmbH. Profitabel soll die Tochter der ÖBB-Personenverkehr AG in den kommenden fünf Jahren werden, ergänzt deren Chefin Valerie Hackl. Ab Oktober wird ein neues Preisschema festgelegt.

Sebastian Kummer, Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik der Wirtschaftsuniversität Wien, hält den Einstieg der ÖBB in den Markt grundsätzlich für vernünftig. "Die Bahnen positionieren sich zunehmend als Mobilitätsanbieter." Dass sich die Bahn aber auf einer Strecke wie Wien-München selbst Konkurrenz macht, findet er kontraproduktiv. "Wo man gerade den Railjet, der stündlich von Wien nach München fährt, als bestes Verkehrsmittel beworben hat, ist das eigenartig."

Eigene Billigkonkurrenz

Dass das anders als über den Preis geht, darf bezweifelt werden. Das Busticket etwa für Wien-München könnte künftig zwischen 20 und 50 Euro kosten, für den Zug berappt man ohne Vorteilscard 95 Euro. Die Konkurrenz schaut mit Argusaugen zu, denn die ÖBB ist mit dem Postbus ohnehin Platzhirsch. "Der europäische Fernbusmarkt ist seit Jahrzehnten schwer umkämpft, es herrscht enormer Wettbewerb und es besteht bereits jetzt ein starkes Angebot", sagt Busunternehmer Thomas Blaguss.

Auch Konkurrent Ludwig Richard ist eher skeptisch: "Die ÖBB haben sicher gute Gründe das zu machen. Aber mir erschließt sich das Produkt nicht zu 100 Prozent. Auch das Timing ist sicher nicht das Beste." Was die Marktsituation betrifft, so ist er alarmiert: "Nachdem das eine 90-Prozent-ÖBB-Tochter ist, werden wir uns genau anschauen, ob bei der Preispolitik über Gebühr aggressiv vorgegangen wird. Beim Thema Wettbewerb sind wir sicher sensibilisiert." Die Vorstellung, mehr verlangen zu können, hält Richard für naiv: "Man kann nicht die Preise durchsetzen, die notwendig wären, um kostendeckend zu fahren." (rebu, 3.6.2016)