Otto Lilienthals berühmter Gleiter war nicht Schuld am Absturz des Flugpioniers. Experimente am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik zeigten, dass das Flugwetter am 9. August 1896 denkbar ungünstig war.

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Berlin – Fast 120 Jahre ist es her, da verunglückte der deutsche Luftfahrtpionier Otto Lilienthal bei einem Flugversuch mit seinem berühmten Gleiter. Nun haben Forscher die Ursache für dessen tödlichen Absturz möglicherweise aufgeklärt: "Lilienthal hätte am Unglückstag nicht fliegen dürfen", erklärte Andreas Dillmann, Leiter des Instituts für Aerodynamik und Strömungstechnik am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR).

Weil das Flugwetter am 9. August 1896 für den Lilienthal-Gleiter ungeeignet gewesen sei, sei ein "Pilotenfehler" wahrscheinlich. Dillmann und seine DLR-Kollegen hatten einen originalgetreuen Nachbau des Lilienthal-Gleiters untersucht, den das DLR 125 Jahre nach den ersten erfolgreichen Flugversuchen angefertigt hatte. Ihre Ergebnisse stellten sie nun auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin vor. Dort wurde auch der Nachbau des nur 20 Kilogramm schweren Gleiters mit einer Spannweite von 6,70 Metern präsentiert.

"Lilienthals Gleiter konnte gut und sicher bei Windstille oder Gegenwind fliegen, für andere Windverhältnisse wie die Thermik an seinem Absturztag reichte die Manövrierfähigkeit einfach nicht aus", erklärte Dillmann. Der damals 48-jährige Lilienthal war an dem Augusttag vom Göllenberg nahe dem Ort Stölln abgehoben.

DLR

Sonnenbö führte zu Strömungsabriss

Ein Sonnenbö genannter Aufwind habe den Gleiter in der Luft aufgerichtet und zu einem Strömungsabriss geführt, teilte das DLR mit. "Wenn die Nase des Gleiters zu hoch kommt, bäumt er sich auf und wird unbeherrschbar", erklärte Dillmann. Lilienthal war am Tag nach seinem Absturz in den Rhinower Bergen seinen schweren Verletzungen erlegen.

Nichtsdestotrotz sei das mit neun verkauften Exemplaren erste Serienflugzeug der Welt "eine aerodynamisch absolut saubere Konstruktion" gewesen, erklärte Dillmann. "Die Flugeigenschaften des Lilienthal-Gleiters gleichen denen eines typischen Schul-Segelflugzeuges der 20er und 30er-Jahre – Konstruktionen, die Jahrzehnte nach Lilienthal flogen."

Lilienthal hatte im Frühjahr 1891 in Derwitz bei Berlin die ersten von Erfolg gekrönten Flüge mit einem selbst entworfenen und gebauten Gleitflugzeug unternommen. Die DLR-Tests mit dem Nachbau des Gleiters bestätigten Lilienthals Angaben zu dessen Flugfähigkeit.

Der Gleiter sei vom damals 70 Meter hohen Gollenberg bei einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern bis zu 250 Meter weit geflogen, teilte das DLR mit. "Der deutsche Flugpionier Otto Lilienthal gilt zu Recht als erster belegter Flieger der Menschheit." (APA, red, 4.6.2016)