Astronomen sind optimistisch, dass der bisher noch hypothetische Planet Neun im fernen Kuipergürtel tatsächlich bald entdeckt wird. Möglicherweise stammt dieser etwa Neptun-große Planet von einem fremden Sternensystem.

Illu.: Lund University

Lund/Wien – Es ist wäre eine astronomische Ironie sondergleichen: Während Forscher in weiter Ferne nach Exoplaneten fahnden, zieht womöglich ein solcher fremder Himmelskörper in unserem eigenen Sonnensystem unerkannt seine Kreise. Anfang des Jahres haben zwei US-Wissenschafter vom California Institute of Technology in Pasadena im "Astronomical Journal" plausible Daten präsentiert, die auf das Vorhandensein eines Planeten von etwa zehnfacher Masse der Erde jenseits der Plutobahn hinweisen.

Entdeckt wurde dieser ominöse Himmelskörper freilich noch nicht, allerdings haben nachfolgende Studien inzwischen untermauert, dass Planet Neun mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent tatsächlich existiert. Insbesondere die Umlaufbahnen einer Gruppe von transneptunischen Objekten deuten darauf hin, dass ein Objekt von zwei- bis vierfachem Erdradius in einen Abstand von 400 bis 1500 Astronomischen Einheiten (AE) die Sonnen umkreist. Zum Vergleich: Der Pluto entfernt sich maximal 49 AE von der Sonne.

Woher ein solcher Gasplanet kommt, war ebenfalls Thema von Untersuchungen. Zuletzt haben Wissenschafter vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) einige Szenarien durchgespielt, doch die Ergebnisse waren wenig eindeutig. Nun glauben schwedische Astronomen um Alexander Mustill von der Lund University eine Antwort gefunden zu haben: Die Wissenschafter gehen laut ihrer Studie in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters" davon aus, dass Planet Neun ursprünglich ein Exoplanet war, den unsere Sonne vor über vier Milliarden Jahren einem benachbarten Stern gleichsam geraubt hat.

Video: Wie Planet Neun einem anderen Stern geraubt worden sein könnte.
LundUniversity

Gestohlene Welten

"Sterne werden meist in Gruppen geboren, die einander sehr nahe kommen können. Im Verlauf einer solchen Begegnung kann es passieren, dass ein Stern einen oder gar mehrere Planeten des anderen Sterns stiehlt und seinem eigenen Planetensystem einverleibt. Wir glauben, dass genau das mit Planet Neun geschehen ist", meint Mustill.

Grundlage ihrer Annahme ist eine Reihe von Computersimulationen, deren Resultate dafür sprechen, dass ein Objekt wie Planet Neun mit einem sehr exzentrischen Orbit am wahrscheinlichsten aus einem fremden System stammt. "Als unsere Sonne lange nach ihrer Geburt ihre ursprünglichen Geschwistersterne verließ und sich von ihnen entfernte, dürfte sie Planet Neun einfach mitgenommen haben", erläutert Mustill seine Berechnungen.

Eine ähnliche These wurde im vergangenen Jahr über die Herkunft des Zwergplaneten Sedna geäußert. Auch dieser Himmelskörper im Kuipergürtel jenseits der Plutobahn weist eine extrem gestreckte Umlaufbahn auf und könnte nach Berechnungen von niederländischen Astronomen aus einem anderen Sternsystem stammen.

Einen endgültigen Beleg für diese Thesen gibt es freilich noch nicht. Doch sollten sie letztlich zutreffen, dann wären Sedna und der vorerst noch hypothetische Planet Neun bis auf weiteres die einzigen Exoplaneten, die mit einer Raumsonde realistischerweise erreicht werden könnten. (tberg, 1.6.2016)