Kinder in Integrationsklassen und Sonderschulen

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Wien – Mit einer Bürgerinitiative wehren sich Eltern gegen ein Aus für die Sonderschulen. Der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sieht vor, dass diese bis 2020 zur Ausnahme werden sollen. "Wenn Unterschiede nicht mehr benannt werden dürfen, werden Kinder der Anerkennung ihrer besonderen Situation beraubt", so Erstunterzeichnerin Ilse Schmid bei einer Pressekonferenz.

Derzeit wird österreichweit rund 30.000 Kindern wegen körperlicher oder psychischer Behinderungen ein sogenannter sonderpädagogischer Förderbedarf (SPF) attestiert. 62 Prozent davon werden in sogenannten Integrationsklassen – also gemeinsam mit nicht-behinderten Kindern – unterrichtet, 38 Prozent in Sonderschulen.

Behindertenkonvention als Vorwand

Schmid, die auch Präsidentin des steirischen Landesverbands der Elternvereine an Pflichtschulen ist, hat dabei nichts gegen Integrationsklassen an sich. "Es geht uns nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein Sowohl-als-auch. Je nach Beeinträchtigung der Kinder wird eine unterschiedliche Beschulung gebraucht."

Die Begründung der weitgehenden Abschaffung der Sonderschulen mit der Behindertenrechtskonvention hält Schmid für einen Vorwand: "Dort steht lediglich, dass Menschen mit Behinderungen nicht von Bildung ausgeschlossen werden dürfen." Diese Forderung werde mit der Regelung im Schulpflichtgesetz, wonach Eltern von Kindern mit SPF grundsätzlich die Wahl zwischen Sonderschule und (bei Verfügbarkeit) Integrationsklasse haben, schon erfüllt.

Einsparung als Grund vermutet

"In anderen Punkten der Konvention steht es aber tatsächlich gar nicht mustergültig", meinte Schmid. So heiße es etwa in den Erläuterungen, dass "zu den unbedingten Voraussetzungen eines integrativen Bildungssystems für Menschen mit Behinderung die Bereitstellung fachlich abgesicherter, bedarfsgerechter qualifizierter Unterstützung und insbesondere das Angebot sonderpädagogischer Förderung gehört". Im Schulorganisationsgesetz werde dieser Einsatz von entsprechend ausgebildeten Lehrern aber lediglich als Kann-Bestimmung festgehalten.

"Wenn man alle Indizien zusammennimmt, ist das wesentlichste Motiv für die Abschaffung die Einsparung", vermutete Schmid. "Wenn man sich die Kosten pro Schüler im Nationalen Bildungsbericht ansieht, saust der Balken bei den Sonderschulen am weitesten nach oben." Grund sei der erhöhte Betreuungsschlüssel gegenüber regulären Klassen.

Modellregionen in Kärnten, Steiermark und Tirol

Schon derzeit würden gerade in den "Modellregionen" Kärnten, Steiermark und Tirol, wo die Umstellung bereits erprobt wird, Eltern gedrängt, ihre Kinder in Integrationsklassen zu geben und Sonderschulen aufgelassen, meinte Schmid. Auch der oft mitschwingende Verdacht, dass viele Migrantenkinder mit dem Stempel SPF in Sonderschulen abgeschoben werden, um sie loszuwerden, könne nicht zu deren Abschaffung herangezogen werden. "Natürlich sitzen da und dort Kinder in der Sonderschule, die dort nicht hingehören – das gehört abgestellt. Aber das ist kein Grund für ein Ende dieser Schulform."

Die bisher rund 24.000 Unterschriften für die Bürgerinitiative wurden am Mittwoch im Parlament übergeben. Parallel dazu mobilisieren andere Organisationen wie etwa die Lebenshilfe für eine raschere Abschaffung der Sonderschulen. (APA, 1.6.2016)