Graz/Göttingen – Der Grazer Amokfahrer soll laut dem dritten Gutachter Jürgen Müller an paranoider Schizophrenie leiden und zum Tatzeitpunkt am 20. Juni 2015 nicht zurechnungsfähig gewesen sein. Das sagte die Staatsanwaltschaft Graz am Mittwoch auf APA-Anfrage. Der deutsche Sachverständige hatte hinzugezogen werden müssen, da zwei Gutachter zuvor unterschiedlicher Meinung in punkto Zurechnungsfähigkeit waren.

Staatsanwalt Christian Kroschl zufolge muss der Sachverhalt nun auf Basis der Gutachten geprüft werden. Kommende Woche soll ein Vorhabensbericht mit einer möglichen Anklage wegen mehrfachen Mordes und Mordversuchs an die Oberstaatsanwaltschaft Graz geschickt werden. Bis es zu einem Prozess kommt, werden wohl noch Monate vergehen.

"Geistige und seelische Abartigkeit höheren Grades"

Mit dem Befund und dem Gutachten – beides umfasst zusammen 153 Seiten – des Professors für forensische Psychiatrie und Psychotherapie an der Georg-August-Universität Göttingen wird die Einschätzung von Gutachter Peter Hofmann gestützt, der den Amokfahrer Alen R. ebenfalls zum Tatzeitpunkt für nicht zurechnungsfähig hält.

Manfred Walzl dagegen stufte den Täter als zurechnungsfähig ein. Einig waren sich die Psychiater, "dass der Beschuldigte die Taten unter dem Einfluss einer geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades begangen hat und bei ihm die Gefahr weiterer solcher Taten besteht".

Drei Menschen getötet

"Ein zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähiger Täter kann für seine Taten zwar nicht bestraft, bei bestehender, seiner Abnormität entspringender Gefährlichkeit aber statt der Strafe auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Gericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden", ergänzte Kroschl.

Alen R. war am 20. Juni 2015 mit seinem Geländewagen durch die Grazer Innenstadt gerast und hat dabei drei Menschen getötet sowie 36 weitere Fußgänger erfasst und zum Teil schwer verletzt. Mehr als 50 andere Menschen waren gefährdet und konnten sich teilweise nur durch Sprünge zur Seite retten. Auch sie werden als Opfer geführt. (APA, 1.6.2016)