Hans Peter Doskozil richtet dem Kanzler Unbill aus.

Foto: APA / ROLAND SCHLAGER

Die Regierung beschäftigt sich wieder mal mit Asyl-Zahlen.

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Am Tag des Inkrafttretens des neuen Asylgesetzes geht der Flüchtlingsstreit wieder los. Anlass sind Aussagen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der am Dienstag von nur noch 11.000 für die Obergrenze relevanten Asylanträgen gesprochen hatte. Davon zeigte sich nicht nur Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), sondern auch Kerns Parteigenosse, Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, irritiert.

Die Regierung hatte unter Werner Faymann (SPÖ) einen Richtwert von 37.500 Anträgen festgelegt, ab dem eine Notverordnung erlassen würde, die das Asylantragstellen deutlich erschweren würde. Bisher war man davon ausgegangen, dass bereits 22.000 dafür relevante Anträge gestellt wurden und daher die Obergrenze schon im Sommer erreicht werden könnte.

Beim Pressefoyer nach dem Ministerrat am Dienstag verkündete Kern jedoch, dass in diesem Jahr 11.000 und nicht die bisher kolportierten 19.000 Menschen um Asyl in Österreich angefragt hätten. Diese Zahl ergebe sich, wenn man unter anderem jene Anträge abziehe, in denen laut Dublin-Verordnung andere Staaten zuständig seien.

Doskozil überrascht

Der ehemalige Polizist Doskozil, Vertreter des rechten SPÖ-Flügels, will diese Korrektur nach unten nicht ohne weiteres hinnehmen, sagte er im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch. Er sei selbst "überrascht über die Korrektur der Zahlen" gewesen. "Ich bin davon ausgegangen, dass die bisher kolportierten Zahlen richtig sind." Er pocht auf "vollkommene Transparenz", schließlich gehe es um Glaubwürdigkeit, "das sind wir der Öffentlichkeit schuldig".

Auch wenn er inhaltlich wenig an dem Umstand, Dublin-Fälle und Familiennachzug aus den Zahlen auszuklammern, zu kritisieren habe, wünscht sich Doskozil in Zukunft monatliche Berichte über die Zahl der Asylanträge.

Sobotka: Asyllinie "nicht verhandelbar"

Innenminister Sobotka forderte eine Klarstellung Kerns. In einer Aussendung wunderte er sich, dass Kern am Vortag von 37.500 Asylberechtigten gesprochen habe, was mit einer Antragszahl wie im Vorjahr vergleichbar wäre. Das dürfe sich aber nicht wiederholen. Er hoffe, dass es sich eine Missinterpretation des Kanzlers handle und nicht um einen "Linksruck". Denn die Asyllinie der Regierung sei nicht verhandelbar.

Kanzleramt will Objektivierung

Eher kühl reagiert man im Kanzleramt auf die Kritik des Innenministeriums. Die von Kern am Vortag genannten Zahlen beruhten auf einer durch den Innenminister im Ministerrat berichteten Darstellung, wonach von den heuer in Österreich gestellten Asylanträgen rund 11.000 zum Asylverfahren zugelassen seien.

Angesichts der aktuellen Diskussion erwarte er sich eine Objektivierung und regelmäßige transparente Veröffentlichung der Zahlen, betonte Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) in einer Aussendung: "Das zuständige Ressort sollte regelmäßig darstellen, wie viele Asylanträge in Österreich abgegeben wurden und wie hoch die Zahl der zum Asylverfahren Zugelassenen ist, also wie viele Dublin-Fälle oder Folgeanträge es gibt."

Abgesehen davon habe der Kanzler laut Drozda am Vortag ohnehin klargestellt, dass sich die Regierung sofort mit der Frage der Sonderverordnung zum Asylgesetz auseinandersetzen müsse.

Pernkopf: Kerns "Zahlentrickserei" ist "das Letzte"

Unterstützung bekam Sobotka aus seiner Heimat Niederösterreich. Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) meinte in einer Stellungnahme: "Die Zahlentricksereien von Bundeskanzler Kern sind das Letzte, das wir nun brauchen." Die Verunsicherung der Menschen sei riesig, es brauche ein Miteinander von Regierung und Bevölkerung und hundertprozentige Transparenz.

Blümel legt Kern Abdanken nahe

Der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel nahm Kern in die Pflicht. "Wenn der neue Kanzler die Obergrenze bei Asylwerbern aufweicht, kann er gleich wieder abdanken", befand Blümel. "Eine Obergrenze ist eine Obergrenze. Punkt." (APA, red, 1.6.2016)