Wien – Es darf gewürgt, geworfen und geschlagen werden. Illegal sind Kratzen, Beißen, Spucken. In die Augen stechen sowie die Genitalien sind tabu. Im Theater Scala wird gewrestled. Spucke, Schweiß und der eine oder andere Schauspieler fliegen in Wrestling Rita schon einmal quer über die Bühne, einen echten Wrestlingring mit Zuschauern auf vier Seiten (Inszenierung und Bühne: Marcus Ganser).

So sieht es aus, wenn eine "Mami wie jede andere" (Claudia Marold) ihrer Tochter (Klara Steinhauser) zeigt, wie gern sie einen Sohn gehabt hätte. Runde eins geht mit technischem K. o. an Mami. Schiri (Ronny Hein) kann da nur hilflos zusehen.
Foto: Bettina Franzel

Rita (Klara Steinhauser) muss sich über zehn Runden gegen widrigste Umstände durchsetzen, bezeichnenderweise läuft sie zu I Will Survive ein. So verliert sie die ersten Runden haushoch gegen die Mami, die lieber einen Buben wollte, die erste Schulfreundin Platin Sabin (Teresa Renner), die ihr den Lolli klaut oder den Plattenbau-Papa (Rochus Millauer), der nicht grundlos Falcos Jeanny singt. Die Hochzeit mit dem Profi-Wrestler Tino the Rock (Tino Führer) scheint ein klarer Sieg durch Liebes-K.-o. zu werden. Falsch gedacht, lässt der sie doch auch nur seine Sporttasche tragen. Ihre Karriere als Wrestlerin unterliegt der seinen, und schon gar nicht unterstützt er ihre Pläne, nach der Abendschule zu studieren.

Echtes Leben, alles Show

Wer behaupten will, Wrestling sei nur Show, hat Recht. Im deutschsprachigen Raum zumindest. Für die überzeugende Choreografie in Wrestling Rita hat Gerhard "Humungus" Hradil, Mitbegründer der Wrestling School Austria, gesorgt. Claire Luckhams Stück ist somit nicht nur geografisch, sondern auch sprachlich auf den Wiener Heumarkt verlegt worden. Dialektale Musicalelemente von Non, je ne regrette rien bis Sex Bomb bilden den sanften Gegensatz zum feurigen Krachen der Ringbretter.

Dass Rita schließlich mit dem Griff "The Venus Flytrap" die Emanzipation erlangt, ist aus feministischer Perspektive sicher diskutabel, die Intention des Stücks jedoch ist klar. Es ist Theater zum Anfeuern und Ausbuhen, das Spektakel steht im Vordergrund. Die Message, frei nach dem Lebensdilemma der Generation Y: Du kannst alles werden, was du willst – solange du dich als Frau mit 22 Prozent weniger Gehalt zufriedengibst. (Anja Krämer, 1.6.2016)