Wien – Alles war bestens vorbereitet. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka hatte den roten Teppich ausgerollt, die anderer Parlamentsparteien – mit Ausnahme der FPÖ – halfen mit, den Läufer für Irmgard Griss zu straffen.

Der Weg in die Präsidentenetage des Rechnungshofes war geebnet, doch die ehemalige Höchstrichterin sagte zur Überraschung aller, die sie in den Rechnungshof loben wollten, ab. Lopatka zeigte sich enttäuscht, dass der von ihm eingefädelte Personalcoup nicht aufging: "Es ist bedauerlich, dass Irmgard Griss das Fünf-Parteien-Angebot nicht angenommen hat."

Die Parlamentsparteien hätten Griss wohl lieber im Rechnungshof als auf dem politischen Feld gesehen. Alles deutet aber darauf hin, dass sie nun doch mit einer neuen Mitspielerin rechnen müssen. Irmgard Griss wird, wie dem STANDARD aus der Umgebung der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin versichert wird, mit "höchster Wahrscheinlichkeit", der österreichischen Innenpolitik erhalten bleiben und ein Art "Plattform Griss" ins Leben rufen.

"Alles läuft in Richtung einer politischen Bewegung mit Ziel Nationalratswahl 2018", sagt ein Mitstreiter von Griss. Eine Parteigründung sei nicht angedacht, sondern eben eine "Plattform", eine offene politische Gruppierung. Man wolle bewusst auf Parteienförderungen verzichten. Auch ein Finanzierungsmodell sei bereits angedacht.

Die Gründung einer "Griss-Bewegung" sei nach der Präsidentschaftswahl "fast zwingend". Die Griss-Gruppe fühle sich den mehr als 800.000 Wählerinnen und Wählern (18,9 Prozent) verpflichtet, heißt es. In den Reihen der Griss-Unterstützer ist man jedenfalls elektrisiert von der Vision, die politische Landschaft in Österreich womöglich grundlegend verändern zu können. Griss selbst will die Entscheidung über eine eigene Bewegung nach ihrem Urlaub Mitte Juni bekanntgeben. (Walter Müller, 31.5.2016)