Bei Veranstaltungen der Korporierten würden sich neonazistische Gruppen mit anderen rechtsextremen Bewegungen und der FPÖ vernetzen, sagen die Grünen.

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Die Grünen warnen vor steigendem Rechtsextremismus. Sie sehen in der stetigen Zunahme rechtsextremer Straftaten seit 2011 und im besonders steilen Anstieg an Delikten im Vorjahr eine "kriminelle Spitze des gesellschaftlichen Rechtsrucks". Da sie das Thema im Bericht des Verfassungsschutzes nicht ausreichend behandelt sehen, veröffentlichen sie ihren eigenen "Rechtsextremismusbericht" – nach dem Vorbild des gleichnamigen staatlichen Berichts, den die Bundesregierung jedes Jahr herausgab, bis er unter Blau-Schwarz eingestellt wurde.

25 Angriffe auf Asylunterkünfte

Allein im Vorjahr ist die Zahl der Anzeigen rechtsextremer Tathandlungen um 54 Prozent gestiegen. Auffällig ist laut Grünen die Häufung bei Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte. Im Vorjahr seien 25 solcher Angriffe registriert worden. Nur in acht Fällen sei es den Behörden gelungen, Täter auszuforschen. Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser warnt, dass eine fehlende Sanktionierung solcher Taten die Hemmschwelle für weitere senke.

Dass die polizeilichen Anzeigen wegen Rechtsextremismus von Verstößen gegen das NS-Verbotsgesetz dominiert sind und andere rechtsextreme Taten – etwa rassistisch motivierte Körperverletzungen – in der Statistik kaum vorkommen, führen die Grünen auf eine "hohe Dunkelziffer" zurück: Da das politische Motiv oder das politische Netzwerk des Täters oft erst nach einiger Recherche erkennbar sei, werde es oft vernachlässigt, so die Annahme.

Burschenschaften als "Scharniere"

Burschenschaften erfüllten weiterhin eine "Scharnierfunktion" zwischen außerparlamentarischen Rechtsextremen und Vertretern der FPÖ im Parlament, die den "politischen Arm des österreichischen Rechtsextremismus" darstellten. Bei Veranstaltungen der Korporierten würden sich neonazistische Gruppen mit anderen rechtsextremen Bewegungen und der FPÖ vernetzen, Burschenschaften fungierten zudem als Kaderschmieden und Wissensvermittler. Personelle Überschneidungen gebe es beispielsweise bei FPÖ, Burschenschaften und den Wiener Identitären.

Während der Verfassungsschutz zwar einen Anstieg rechtsextremer Taten registriert, den islamistischen Terror aber dennoch als größte Bedrohung bezeichnet, vertreten die Grünen die Auffassung, "dass Rechtsextremismus und Islamismus mehr Gemeinsamkeiten und ideologische Parallelen haben, als beide sich eingestehen".

Beide Strömung würden bei ihren Anhängern einen Opfermythos schaffen, aus dem jeweils nur die eigene Bewegung herausführe, und ihnen einen Kampf gegen Autoritäten vorgaukeln, wobei die Bewegungen selbst autoritär ausgerichtet und streng hierarchisch aufgebaut seien. Beide würden einen "kurz bevorstehenden Untergang" heraufbeschwören, der schließlich Gewaltausübung "als scheinbar letzte Möglichkeit der Selbstverteidigung" rechtfertige. Außerdem würden beide Strömungen mit Verschwörungstheorien hantieren, die über diverse Social-Media-Kanäle verbreitet werden, wobei die antisemitisch aufgeladenen Feindbilder USA und Israel bei Rechtsextremen und Islamisten gleichermaßen präsent sind.

Auch unter Zugewanderten seien manche rechtsextreme Strömungen im Aufwind, heißt es: So habe sich die exilpolnische "Wiener Nationale Offensive" in den vergangenen beiden Jahren als "Zentrum des polnischen Rechtsextremismus in Wien etabliert", heißt es in dem Bericht, der künftig alle zwei Jahre erscheinen soll. (sterk, 31.5.2016)