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MDMA beziehungsweise Ecstasy wird auch unter neuen Drogenkonsumenten immer beliebter.

Foto: APA / EPA / ROBIN VAN LONKHUIJSEN

Die meisten konsumieren Cannabis.

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Lissabon – Eine Rückkehr von Ecstasy (MDMA) auf dem Drogenmarkt und einen Anstieg der Zahl der Todesfälle bei Suchtkranken vor allem durch Überdosierungen konstatiert die Europäische Drogenbeobachtungsstelle EMCDDA (Lissabon) in ihrem am Dienstag präsentierten Jahresbericht 2016. 2013 dürfte der Umsatz mit illegalen Suchtgiften um die 24,3 Milliarden Euro ausgemacht haben.

Der Report beschreibt laut seinen Autoren "einen nach wie vor robusten europäischen Drogenmarkt, wobei inzwischen insbesondere bei einigen Indikatoren für Cannabis und Stimulanzien (darunter auch Ecstasy) ein Aufwärtstrend festzustellen ist. Insgesamt lassen die Daten über das Drogenangebot auf einen hohen oder steigenden Reinheitsgrad oder Wirkstoffgehalt der meisten illegalen Substanzen schließen."

22,1 Millionen konsumierten Cannabis

Was immer Polizei und Justiz unternehmen, Suchtgifte sind eine Problematik, in welcher der Bedarf von Konsumenten und vor allem der Suchtkranken den Markt bestimmt und unterhält. 22,1 Millionen Erwachsene im Alter zwischen 15 und 54 Jahren haben laut der EMCDDA in den vorangegangenen Monaten Cannabis benutzt (6,6 Prozent der Personen aus dieser Altersgruppe; ein Prozent mit täglichem oder fast täglichem Konsum). 3,6 Millionen Personen aus dieser Altersgruppe konsumieren innerhalb eines Jahres zumindest einmal Kokain (1,1 Prozent). 0,8 Prozent der Erwachsenen benutzen innerhalb eines Jahres MDMA (3,4-Methylendioxy-N-Methamphetamin, Ecstasy; 2,5 Millionen Konsumenten).

Darunter lagen die Zahl der Konsumenten von Amphetamin (1,6 Millionen Erwachsene oder 0,8 Prozent aus dieser Altersgruppe). In Europa gibt es um die 1,3 Millionen Hochrisiko-Opiatkonsumenten (intravenöser Heroinkonsum etc.). "Neue psychoaktive Substanzen" dürften innerhalb eines Jahres etwa drei Prozent der 15- bis 24-Jährigen verwendet haben. Die Zahlen stammen aus nationalen Schätzungen und Umfragen der EU-Mitgliedsstaaten.

Cannabis, Heroin, Kokain

Das macht einen Riesenmarkt. "Einer vorsichtigen Schätzung zufolge belief sich der Wert des Endkundenmarktes für illegale Drogen in der Europäischen Union im Jahr 2013 auf 24,3 Milliarden Euro. Mit einem geschätzten Handelswert von 9,3 Mrd. Euro auf Konsumentenebene und einem Marktanteil von etwa 38 Prozent machen Cannabisprodukte den Löwenanteil des europäischen Marktes für illegale Drogen aus. An zweiter und dritter Stelle folgen Heroin mit geschätzten 6,8 Mrd. Euro (28 Prozent) und Kokain mit 5,7 Mrd. Euro. Einen geringeren Marktanteil haben Amphetamine mit geschätzten 1,8 Mrd. Euro; acht Prozent), gefolgt von MDMA mit knapp 0,7 Mrd. Euro (drei Prozent)", heißt es in dem Report.

MDMA-Konsum steigt

Sorgen macht den Experten der Trend bei Ecstasy: "Es gibt Anzeichen dafür, dass MDMA sowohl unter jenen, die bereits seit Längerem Stimulanzien konsumieren, als auch bei einer neuen Generation von Drogenkonsumenten zunehmend an Beliebtheit gewinnt."

Etwa 2,1 Millionen junge Erwachsene (15 bis 34 Jahre) berichten, im letzten Jahr MDMA konsumiert zu haben (das sind 1,7 Prozent dieser Altersgruppe). Der EMCDDA-Jahresbericht: "Bis vor Kurzem war der MDMA-Konsum rückläufig, nachdem er Anfang bis Mitte der 2000er-Jahre seinen Höchststand erreicht hatte. Jüngste Erhebungen deuten auf einen steigenden MDMA-Konsum in Europa hin. Neun von zwölf Ländern meldeten in neuen Erhebungen höhere Schätzungen des MDMA-Konsums unter jungen Erwachsenen als in vergleichbaren früheren Erhebungen."

Österreich in "unterer Mittelklasse"

Österreich befindet sich im europäischen Vergleich beim Drogenkonsum in allen Substanzkategorien in der "unteren Mittelklasse". Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) hervor, der am Dienstag in Lissabon präsentiert worden ist.

So fällt Österreich – wie beispielsweise auch Ungarn – bei den jungen Erwachsenen (15 bis 34 Jahre) in die vorletzte Kategorie mit einem Anteil von 4,1 bis acht Prozent an Personen, die im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert haben. In Tschechien, Spanien und Frankreich sind es beispielsweise mehr als zwölf Prozent, in Griechenland unter vier Prozent.

Kokain und MDMA

Eine ähnliche Stellung hat Österreich (wie auch Deutschland) beim Kokainkonsum junger Erwachsener mit einem Anteil zwischen 1,1 und zwei Prozent (Konsum innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate). Großbritannien und Spanien machen hier Spitzenreiter mit mehr als drei Prozent aus, das Nachbarland Tschechien liegt bei einem Anteil von unter ein Prozent.

Das gleiche gilt für den MDMA-Gebrauch (Ecstasy), bei dem Österreich, wie auch Italien oder Deutschland, ebenfalls in die vorletzte Kategorie (0,6 bis ein Prozent) fällt. Großbritannien und Tschechien liegen mit einem Anteil von 2,5 Prozent von 15- bis 34-Jährigen, welche die Substanz zumindest einmal in den vorangegangenen zwölf Monaten genommen haben, mit an der Spitze, Norwegen mit unter 0,5 Prozent am Ende der Einteilung.

Beim Hochrisiko-Opiatkonsum (vor allem das Injizieren von Heroin) ist Österreich – ähnlich wie Deutschland – in der vorletzten Kategorie mit einem Anteil von Menschen, welche die Droge innerhalb des vorangegangenen Jahres zumindest einmal benutzt haben zwischen 2,51 und fünf Prozent. In Spanien liegt dieser Anteil unter 2,5 Prozent, in Ländern wie Italien, Frankreich und Großbritannien in der obersten Kategorie mit mehr als fünf Prozent.

Problematischer Alkoholkonsum

Das "Alkoholland" Österreich ist damit bei den illegalen Drogen in einer vergleichsweise relativ günstigen Position. 14 Prozent der Österreicher aber trinken in einem problematischen Ausmaß. Männer trinken doppelt so häufig (19 Prozent) in einem problematischen Ausmaß wie Frauen (neun Prozent). Als problematisch bzw. gesundheitsgefährdender Alkoholkonsum werden längerfristig mehr als 60 Gramm reinen Alkohols pro Tag (drei Krügel Bier bzw. drei Viertel Wein) bei Männern oder 40 Gramm reinen Alkohols bei Frauen angesehen.

Veränderungen am Cannabismarkt

Zum europäischen Drogenbericht 2016 liegen auch vier Analysen zu Einzelthemen vor. Eine befasst sich mit den Veränderungen am Cannabismarkt. Hier scheint sich beim ehemaligen fast exklusiven Produktionsland Marokko ein Wiederaufschwung zu ergeben. Dort war die Cannabis-Produktion von 3.080 Tonnen im Jahr 2003 auf 760 Tonnen im Jahr 2011 zurückgegangen. Mittlerweile werden dort Hybrid-Hanfpflanzen kultiviert, die drei bis fünf Mal mehr THC-Konzentration aufweisen als traditionelle Sorten.

Beim Kokaintransport gilt das Augenmerk der Behörden zunehmend dem Containertransport auf Schiffen, mit dem sich große Mengen des Suchtgifts völlig unauffällig auf den diversesten Routen nach Europa bringen lassen. Eine dritte Darstellung befasst sich mit dem Abzweigen von Medikamenten, welche in der Drogensubstitutionstherapie für Opiatabhängige eingesetzt werden. Immerhin befanden sich in Europa im Jahr 2014 bereits 645.000 Patienten in einer solchen Behandlung.

Markt mit Substitutionsmitteln

Von dem Phänomen eines illegalen Marktes mit den Substitutionsmitteln sind alle verwendeten Substanzen betroffen. Das sind besonders Methadon, Buprenorphin und lang wirksame Opiate. Die Häufigkeit des jeweils betroffenen Medikaments in einem Land hängt offenbar allein davon ab, wie hoch dessen Anteil an den verwendeten Substitutionsmitteln ist. Das schwankt von Staat zu Staat sehr stark.

Eine komplexe Situation ergibt sich beim Zusammentreffen von psychischen Erkrankungen und Drogenabhängigkeit. Ein Großteil der Abhängigen weist zusätzlich noch eine psychiatrische Krankheit auf. Beides gehört am besten gleichzeitig behandelt. Es gibt offenbar das Phänomen, dass Substanzgebrauch (z.B. LSD) den Ausbruch von Psychosen bei vulnerablen Personen fördern kann. Umgekehrt ist ein Teil der Drogenabhängigkeit wohl auch "Selbstbehandlungsversuche" der Betroffenen zurückzuführen. (APA, 31.5.2016)