Die grüne Abgeordnete Gabriele Moser will einen Kandidaten mit breiter Unterstützung ermöglichen.

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Wien – Das Anforderungsprofil ist komplex – und wenn jemand Kenntnis von Politik und Verwaltung, wirtschaftliches Wissen, Führungserfahrung und auch noch das richtige Alter mitbringt, dann geht es an die politischen Abwägungen. Der nächste Präsident des Rechnungshofes (RH) braucht eine Mehrheit im Parlament – und da geht es nicht nur um die politische Farbenlehre, sondern auch noch um die Festlegungen der Parteien, jemanden von außerhalb des politischen Establishments zu bevorzugen. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) riet den Parteien, die bis Freitag jeweils zwei Personen für ein Hearing nominieren können, keine Parteigänger und Kabinettsmitarbeiter zu nominieren. Und, auch das haben mehrere Politiker durchblicken lassen: Wenn es geht, sollte eher eine Frau als ein Mann zum Zug kommen.

Zuletzt gab es Absagen: Nach der gescheiterten Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss hat am Dienstag auch Gabriela Moser abgesagt: Die Grünen-Abgeordnete hatte noch Anfang April ihre Bereitschaft zur Kandidatur erklärt. Nun begründet sie ihren Rückzieher mit der Neuaufstellung der Regierung sowie mit dem Wunsch nach einem Kandidaten mit "breiter Unterstützung aller Parlamentsparteien".

Nähe zur FPÖ

Diese verhandeln noch – wobei die ÖVP angekündigt hat, sich in der Sitzung des Klubpräsidiums am Mittwoch festzulegen. Denkbar wäre, dass eine schwarz-blaue Parlamentsmehrheit die derzeitige Chefin der Budgetsektion im Finanzministerium, Helga Berger, wählt. Diese hätte als langjährige RH-Mitarbeiterin breite Erfahrung, eine starke Nähe zur FPÖ (sie war vordem für Jörg Haider und Susanne Riess-Passer tätig) –, aber sie hätte viele Gegner: SPÖ-Klubchef Andreas Schieder sagte, der Rechnungshofpräsident sollte sich schon aus Compliance-Gründen nicht selbst kontrollieren müssen – wer (wie Berger) aus einer Schlüsselposition eines Ministeriums kommt, wäre demnach nicht geeignet.

Noch deutlicher ist die Ablehnung im RH selbst: Die Mitarbeiter würden immer noch Franz Fiedler, Vorgänger des aktuellen Präsidenten Josef Moser, nachtrauern, berichtet einer von ihnen dem STANDARD. Dieser sei als integer und parteipolitisch unabhängig wahrgenommen worden. Mit Josef Moser sei vor allem die Außenwirkung der Prüfer wichtig geworden. Intern werde nun befürchtet, dass sich dies durch Berger noch verstärke. Nicht viel freundlicher ist die Einschätzung des möglichen SPÖ-Kandidaten Gerhard Steger: Dieser war Bergers Vorgänger im Finanzministerium und ist nun Sektionschef im RH. Beamte, die ihn kennen, werfen ihm zentralistisches Denken vor – der RH-Chef dürfe seine föderalen Aufgaben aber nicht übersehen.

Sympathien für Kogler

Gewisse Sympathien hegen RH-Mitarbeiter für den Finanzsprecher der Grünen, Werner Kogler: Dieser weist viele Jahre Erfahrung im RH-Ausschuss des Parlaments auf, ist studierter Ökonom und kommt aus der Steiermark. Er bräuchte aber die Unterstützung beider Koalitionspartner. (cs, koli, 31.5.2016)