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Die besten Momente des Fußballers Mario Balotelli liegen weit zurück. Die EM in Frankreich erlebt er als Zuschauer.

Foto: Reuters / Giorgio Perottino

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Balotellis berühmt gewordene Pose nach seinem zweiten Tor im EM-Halbfinale 2012 gegen Deutschland.

Foto: EPA/Marcus Brandt

Rom/Wien – Das Bild ging um die Welt. Nachdem er Italien im Halbfinale der EM 2012 gegen Deutschland mit 2:0 in Führung geschossen hatte, riss sich Mario Balotelli das Shirt vom Leib und posierte wie ein Bodybuilder auf dem Rasen des Warschauer Nationalstadions. Italien zog mit einem 2:1 ins Finale ein. Balotelli, der auch den ersten Treffer erzielt hatte, sprach vom "schönsten Abend meines Lebens". Er war 21 Jahre alt, stand quasi am Anfang. Der Mann hat Talent. Seine Stärken: die Technik, die Schnelligkeit, der Torabschluss. Die Fußballwelt sollte ihm offen stehen.

Mai 2016. Die nächste Europameisterschaft steht bevor. Italien, vor vier Jahren im Finale an Spanien (0:4) gescheitert, ist selbstverständlich dabei. Und Balotelli? Nicht. Im 23-köpfigen Kader, den Teamchef Antonio Conte am Dienstag präsentierte, fehlt der 25-Jährige wenig überraschend.

Der Mann hat auch Probleme. Immer wieder fällt er negativ auf. Disziplinlosigkeiten. Fußballerisch wird ihm schon einmal mangelnder Einsatz vorgeworfen. Die Probleme des Mario B. begannen nicht erst 2012. Aber in diesen vier Jahren verglühte der Stern des Stürmers Stück für Stück. Es waren turbulente vier Jahre: mit Vereinswechseln, mit Verletzungen, mit Verhaltensauffälligkeiten.

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Balotelli, quo vadis?
Foto: REUTERS/Alessandro Bianchi

Milan, Liverpool, Milan

Von Manchester City wechselte er 2013 zum AC Milan, vom AC Milan zum FC Liverpool, und von Liverpool wurde er wieder zurück nach Mailand verliehen. Der Vertrag läuft bis Ende Juni. Balotellis Zukunft ist ungewiss. "Mario hat große Lust, bei Milan zu bleiben. Bisher hat er den Verbleib aber nicht verdient", sagte Adriano Galliani, Geschäftsführer des Klubs, Anfang April. "Er muss reifer werden, Mario konzentriert sich nicht", sagte der mittlerweile entlassene Milan-Trainer Sinisa Mihajlovic im März.

In 20 Ligaspielen erzielte Balotelli in der abgelaufenen Saison ein Tor. Nur achtmal stand er in der Startelf. Allerdings warf ihn eine Schambeinoperation im November zurück. Die Saison davor bei Liverpool war nicht erfolgreicher. In 28 Pflichtspielen traf er viermal. Sein Ruf eilte Balotelli voraus. Mehrmals erhielt er Strafen wegen zu schnellen Autofahrens, mit seiner Ex-Freundin stritt er sich um die Unterhaltszahlungen für seine Tochter, und er provozierte mit Aussagen und Postings. Ein Beispiel: Im Juli 2014 postete er auf Instagram ein Bild, das ihn mit einem Gewehr zeigte. Dazu der Text: "Ein großer Kuss an alle, die mich hassen."

Verhaltenskodex

Also wurde Balotelli bei seiner Rückkehr zu Milan im Vorjahr ein strenger Verhaltenskodex auferlegt. Er musste sich dazu verpflichten, Twitter-Nachrichten zu unterlassen, pünktlich zu sein und mit einem angemessenen Haarschnitt zu erscheinen. Balotelli trägt immer noch eine Irokesenfrisur. Daran wird weder der Verbleib beim AC Milan noch die Rückkehr ins Nationalteam scheitern. In der Squadra Azzurra spielte Balotelli zuletzt vor zwei Jahren, bei der WM 2014.

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Balotelli bei seinem bisher letzten Auftritt für Italiens Nationalteam bei der WM 2014 gegen Uruguay – und am Boden.
Foto: REUTERS/Toru Hanai

Nach dem 2:1 gegen England zum Auftakt in Brasilien wurde Balotelli noch gefeiert. Er erzielte das Siegestor. Die "Gazzetta dello Sport" schrieb: "Der Balotelli, auf den wir seit jeher gewartet haben, ist geboren." Es folgten 0:1-Niederlagen gegen Costa Rica und Uruguay und das Aus in der Vorrunde. Ein Tiefpunkt für die Squadra – und für Balotelli. "Balotelli zeigt das Schlechteste von sich: Er wandelt verschlafen und ziellos auf dem Spielfeld", schrieb der "Corriere dello Sport" nach dem Uruguay-Spiel. Kritik gab's auch von Teamchef Cesare Prandelli. "Ich habe ihm nach dem WM-Aus gesagt, dass er seine virtuelle Welt verlassen muss."

Conte ist kein Balotelli-Fan

Auf Prandelli folgte Antonio Conte. Und Conte verzichtete auf Balotelli. Konsequent. Auch ein zwischenzeitlicher Formaufschwung im vergangenen Herbst half nichts. "Er muss noch so, so, so viel beweisen", sagte Conte über den einstigen Starstürmer.

Die EM muss ohne den Sohn ghanaischer Einwanderer, der bei italienischen Pflegeeltern aufwuchs, auskommen, Milan vermutlich auch. Jüngst gab es Spekulationen über einen Wechsel nach Barcelona – nicht zum großen FC, sondern zum kleinen Lokalrivalen Espanyol. Der Klub landete zuletzt in der spanischen Meisterschaft auf Platz 13. Vielleicht muss Balotelli einen Schritt zurückmachen, um wieder schöne Fußballabende zu erleben. (Birgit Riezinger, 30.5.2016)