In Deutschland ist die Marktlage dramatisch: Die Preise für die Bauern sind zuletzt teils unter 20 Cent pro Liter gefallen.

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Wien – Als "existenzbedrohend" bezeichnet Ewald Grünzweil von der IG-Milch die derzeitige Situation der Bauern. Seit der Liberalisierung des Milchmarktes sei es zu einer Produktionsausweitung und damit zu einem Milchpreisverfall gekommen. Um 40 Prozent sackte der Milchpreis innerhalb von 16 Monaten ein. Allein in Österreich müsse ein Drittel der Produktion irgendwie und nicht kostendeckend "verramscht" werden.

Seit März bekommen die heimischen Milchbauern von den großen Molkereien nur mehr 27 bis 29 Cent für ein Kilo konventionelle Milch, für Bio-Heumilch rund 48 Cent. Vor zwei Jahren lag der konventionelle Milchpreis noch bei rund 40 Cent. Um die Kosten decken zu können, gelten mindestens 35 Cent als nötig.

Auch Landwirtschaftskammerpräsident Hermann Schultes ist dafür, "die Milchmenge an die Nachfrage" anzupassen. Allerdings sieht er da vor allem die Konkurrenz innerhalb der EU in der Pflicht. Es sei eine Tatsache, dass die großen milchproduzierenden Länder wie Irland, Dänemark und die Niederlande ihre Produktion im zweistelligen Bereich gesteigert haben.

Unschuldig ist aber auch Österreich diesbezüglich nicht. Zwar ist nach Aussage von Grünzweil die Produktion in der Zeit des liberalisierten Marktes um nur 3,8 Prozent gestiegen – allerdings sei in Erwartung des Quotenfalls bereits vorher kräftig in die Ausweitung der Kapazitäten investiert worden.

Kein Kraftfutter mehr

Bei der Mengenrücknahme gibt es unterschiedliche Vorschläge. Zehn bis 20 Prozent könnten relativ kurzfristig gedrosselt werden, indem man weniger Kraftfutter verabreicht und den Milchkühen höhere Pausen zugesteht. "Dies ist auch für die Gesundheit der Kühe notwendig und verbessert die Qualität", so Grünzweil.

Unterschiedliche Auffassungen gibt es darüber, welche Rolle dem Handel dabei zukommt, dass sich die Preise auf einem für die Bauern desaströsen Niveau befinden. Schultes kritisiert die "Marktmacht des Handels": Die Situation helfe diesem aber auch nicht, "da der Konsum selbst bei sinkenden Preisen nicht wächst".

Die IG-Milch meint, dass der Handel ihrer Beobachtung nach keine extreme Aktionitis mehr fahre. Vielmehr seien die Preise relativ vernünftig und unter normalen Umständen sogar kostendeckend. Allerdings kämen die Margen nicht bei den Landwirten an; vielmehr würden sie in die Aufrechterhaltung des Systems fließen, also für den Aufkauf und die Lagerung der Überschüsse verwendet werden.

EU-Kommissar Phil Hogan hat eine Sonderregelung in Kraft gesetzt, bei der alle Beteiligten – Milchbauern, -verarbeiter und Handel – europaweit die Milchmengen abstimmen können, "ohne mit dem Kartellrecht in Konflikt zu geraten", heißt es in einer Aussendung der Landwirtschaftskammer.

Allerdings wird von der alternativen IG-Milch, die oft mit der Landwirtschaftskammer im Clinch liegt, moniert, dass unter den Bauern selbst keine Einigkeit in der Frage herrsche. Vielmehr mangle es seitens der Landwirte an Solidarität, was die Zurücknahme der eigenen Milchproduktion betreffe. Hier seien die Molkereien gefordert, dass sie entsprechende Verträge mit den Bauern aushandeln und nicht immer die großen Zulieferer bevorzugen, wie es Grünzweil formuliert: "Nur auf freiwilliger Basis funktioniert da nichts". Besser sei es, wenn die Molkereien eine Strafabgabe auf Überschusslieferungen einführten. (ruz, 30.5.2016)