Budapest – UN-MenschenrechtsexpertInnen kritisierten die ungarische Regierung wegen der Diskriminierung von Frauen. Die ExpertInnengruppe der UN untersuchte zum ersten Mal in Ungarn die Lage der Frauenrechte und der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern. Die ungarische Regierung müsse aufhören mit der "hinter konservativen Familienwerten versteckten Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts", hieß es auf einer Pressekonferenz am Freitag in Budapest.

"Gender Gap Index"

Laut Frances Raday, Leiterin der ExpertInnengruppe, müsse die Diskriminierung von Frauen und die Stärkung der Rolle der Frauen als eigenständige Politikfelder behandelt werden. Dabei müsse die Regierung die Abschaffung der Diskriminierung von Frauen als Angelegenheit von vorrangiger Bedeutung behandeln, zitierte die Ungarische Nachrichtenagentur MTI.

Raday erinnerte daran, dass das ungarische Grundgesetz die Gleichberechtigung von Frauen und Männern garantiert und die Institution der Familie schützt. Obwohl "die Familie als Grundeinheit der Gesellschaft wirklich schutzberechtigt ist, darf die konservative Form der Familie nicht den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rechten der Frauen sowie der Stärkung der Rolle der Frauen gegenübergestellt werden". Laut dem "Gender Gap Index" habe Ungarn einen "ernsthaften Rückstand", da es unter den 145 Ländern an 99. Stelle stehe.

Keine Frau Regierungsmitglied

In Ungarn würden Frauen im politischen Leben in bedeutendem Maße in den Hintergrund gedrängt, da Frauen unter den Abgeordneten im Parlament mit lediglich zehn Prozent vertreten seien. Unter den Mitgliedern der Regierung gebe es keine einzige Frau. Vor diesem Hintergrund stehe die laut Raday "alles durchdringende, offensichtliche Stereotypisierung der Frauen".

Auch im Unterricht sei eine Tendenz in Richtung der konservativen Familienwerte zu verzeichnen. Die neuen Lehrbücher würden mehrere Stereotype enthalten hinsichtlich der Rolle von Frauen und Männern. Dabei würden Frauen ausschließlich als Ehefrau und Mutter dargestellt. Raday erkannte zugleich an, dass die Einführung von neuen Maßnahmen den Frauen in Ungarn dabei helfe, Arbeit und Familie besser in Einklang zu bringen. Die Regierung anerkenne den Anspruch der Frauen auf Arbeit, doch begründe sie ihre Politik auf die Idealisierung der Frau als Hausfrau und Mutter, im Idealfall von drei Kindern. Damit stelle die Regierung die Frauen "vor ein unmögliches Dilemma".

Die Erfahrungen und Empfehlungen der Arbeitsgruppe, die 2011 vom UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) gegründet wurde, sollen in einem Ungarn-Bericht im Juni 2017 veröffentlicht werden. (APA, 30.5.2016)