Frauenkirchner Gedenkstätte: Ausgrabungen hinter Glas, die gerettete Thorarolle in Bronze.

Foto: Herbert Brettl

Frauenkirchen – Die "Metropole des Seewinkels", wie Frauenkirchen sich zuweilen – und zuweilen gar nicht so ironisch, wie es klingen mag – selber nennt, war einst auch eine blühende jüdische Gemeinde. Teil der Sheva Kehillot, der fast anachronistisch orthodoxen sieben nordburgenländischen Gemeinden. Bis 1938. Da war das fromme Leben unter den Heidebauern dann vorbei, buchstäblich von heute auf morgen.

Die Nazis ließen kaum etwas unversucht, die Spuren jüdischen Lebens auch aus Frauenkirchen zu tilgen. Das gelang ihnen allerdings nur zum Teil. Noch gibt es, anders als etwa in Mattersburg, den kaum zerstörten Friedhof. Und am Sonntag wird im sogenannten Tempelviertel an dem Platz, an dem die Synagoge gestanden ist, die Schul', eine neu gestaltete Gedenkstätte, eröffnet.

Verein erforschte Geschichte

Wie in anderen Siebengemeinden war auch in Frauenkirchen ein lokaler Verein dafür verantwortlich, die eigene Geschichte umfassender als bis dahin zu erforschen und zu erzählen.

Die Basisarbeit in Frauenkirchen erledigte penibel der wohl kundigste Regionalhistoriker Herbert Brettl. Seine Geschichte der jüdischen Gemeinde Frauenkirchen wird am Sonntag in der schon dritten, deutlich erweiterten Auflage präsentiert.

Seit 2003, seit der ersten Auflage, ist einiges an Material dazugekommen. So ist man bei den Grabungsarbeiten auf Reste einer barocken, auf 1705 datierten Synagoge gestoßen.

"Hohes Interesse"

Herbert Brettl ortet im Standard-Gespräch auch eine zunehmende Unbefangenheit im Umgang mit diesem dunkeln Teil der eigenen Geschichte. Und zwar sozusagen beiderseits. Nicht nur, dass gerade die ins Nazigräuel involvierte Frauenkirchner Familien die örtliche Gedenkarbeit besonders unterstützen. "Auch die dritte Generation der Vertriebenen zeigt hohes Interesse am familiären Wurzelgrund."

Gerettete Thora-Rolle

So konnten Brettl und seine Mitstreiter nicht nur Säulen aus der Synagoge finden. "Ein Frauenkirchner hat uns zu seinem schon verfallenden Stadl geführt, dort hatten sie seine Vorfahren, als wertvolles Baumaterial im steinlosen Seewinkel, vergraben." Auch die Thorarolle tauchte unvermutet auf. "Emanuel Fried, der damals noch beim österreichischen Bundesheer war und eine Uniform hatte, stieg in die bereits gesperrte Synagoge und rettete die Rolle." Heute hat sie ihren Platz nahe Jerusalem. Ein paar Nachkommen des mutigen österreichischen Soldaten werden am Sonntag jedenfalls auch in Frauenkirchen sein. (Wolfgang Weisgram, 28.5.2016)