North Dakota war der Königsmacher: Die Delegierten aus dem dünnbesiedelten US-Bundesstaat an der Grenze zu Kanada haben Donald Trump Medienberichten zufolge zur magischen Zahl von 1.238 verholfen – einer Stimme mehr, als für die absolute Mehrheit für die Nominierung als Präsidentschaftskandidat benötigt wird.

Die Delegierten aus North Dakota sind sogenannte ungebundene: Sie können beim Parteitag der Republikaner im Juli unabhängig vom Ausgang der Vorwahlen in ihrem Bundesstaat frei über den Kandidaten entscheiden. Nachdem sich 15 – und damit genügend von ihnen – am Donnerstag hinter Trump gestellt hatten, war es zwar nicht offiziell, aber fix: Donald Trump, der "wohl unorthodoxeste Kandidat in der neueren Geschichte der Vereinigten Staaten" (© "Washington Post"), hat die notwendige Anzahl der Delegiertenstimmen erreicht, die er für die Nominierung braucht, um als Kandidat der Republikaner endgültig ins Rennen ums Weiße Haus zu ziehen. Und das unabhängig vom Wahlausgang der noch verbliebenen fünf Vorwahlen.

Faktisch stand seine Kandidatur zwar bereits seit dem 3. Mai fest, jenem Tag, als seine letzten beiden parteiinternen Rivalen aus dem Rennen ausgestiegen sind. 16 Kandidaten hatte Trump da bereits insgesamt hinter sich gelassen. Ted Cruz und John Kasich hatten sich als letzte von ihnen aus dem Rennen zurückgezogen. Damit galt es allerdings noch lange nicht als gesichert, dass der schrille Milliardär genügend Stimmen auf sich vereinigen wird können. Zu sehr schien seine Kandidatur die Partei der Republikaner zu zerreißen. Doch in den vergangenen vier Wochen hat Donald Trump eine Reihe von Schritten unternommen, die die Riege seiner Unterstützer vergrößert hat.

Paul Ryan, Vorsitzender des Repräsentantenhauses.
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Der Paul-Ryan-Faktor

Öffentliche Unterstützung sieht anders aus: Auf ein Endorsement von Paul Ryan, des Vorsitzenden des Repräsentantenhauses im US-Kongress und derzeit des wohl mächtigsten Vertreters des republikanischen Establishments, hofft Donald Trump zwar noch immer vergeblich. Ryan hatte lange beklagt, dass er im Wahlprogramm Trumps kein ausreichend scharfes, konservatives Profil erkennen könne. Aber immerhin zeigte sich der stets Trump-kritische "Speaker" Ryan neuerdings etwas milder. Grund dafür war ein Treffen zwischen Trump um Ryan am 12. Mai.

Als der stets auf die Washingtoner Politelite schimpfende Trump nach Washington gefahren ist, um ebenjenen einflussreichen Republikanern einen Besuch abzustatten, gab es für Trump nicht viel zu verlieren. Ryan ging einen kleinen, aber wichtigen Schritt auf Trump zu. Ryan sprach im Anschluss an das Treffen von einer "ermutigenden Begegnung". Zwar hätten nicht alle Streitpunkte ausgeräumt werden können, jedoch verfolge man aber letztlich gemeinsam das Ziel, die Wahl gegen die wahrscheinliche Demokraten-Kandidatin Hillary Clinton zu gewinnen. "Guter Tag in D.C. Die Dinge haben sich wirklich gut entwickelt", twitterte Trump.

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Fox-Starmoderatorin Megyn Kelly.
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Die Megyn-Kelly-Versöhnung

Trump hat eine Reihe von Tabubrüchen begangen, bei kaum einer Beleidigung allerdings handelte es sich um eine derart offensichtliche Überschreitung der inoffiziellen roten Linie wie bei dem von Trump vom Zaun gebrochenen Streit mit Megyn Kelly, der populären Moderatorin des republikanischen Haus- und Hofsenders Fox News. Dass Kelly Trump während einer TV-Debatte eine pointierte Frage zu seiner Frauenfeindlichkeit gestellt hatte, quittierte der Kandidat selbst mit einer Reihe von vulgären Beschimpfungen gegen die Moderatorin sowie mit einem Boykott der folgenden von Fox organisierten Debatten.

Trump musste sich den Vorwurf des beleidigten Bullys gefallen lassen, Kelly hingegen stieg zur journalistischen Ikone auf. Selbst Journalisten linksgerichteter Medien lobten sie für ihre hartnäckige Arbeit. Doch dann trafen die beiden erneut aufeinander, am 17. Mai war Trump der Premierengast in der neuen Talksendung Kellys. Wobei Trump nicht bei Kelly zu Gast war, sondern eher Kelly bei Trump: Schauplatz des Interviews war kein TV-Studio, sondern ein Konferenzraum im Trump Tower.

Und auch Kellys Fragen fielen überaus höflich aus, was der Moderatorin den Vorwurf der reinen Selbstvermarktung einbrachte; und Kellys Boss Rupert Murdoch, dem Sender sei die Quote letztlich doch wichtiger als die Haltung. Der einzige Gewinner des Abends: Trump, der über seinen Lieblingsfilm und sein Lieblingsbuch parlieren durfte, und der sich damit nebenbei als jemand präsentierte, dessen Haut nicht so dünn und dessen Rachsucht nicht so ausgeprägt seien wie behauptet.

Tony Fabrizio bestätige am 17. Mai die Gerüchte, dass er fortan für Donald Trump arbeiten wird.

Die Meinungsforscher-Hilfe

Bisher hatte er stets damit angegeben: Mit ein Alleinstellungsmerkmal seiner Kandidatur sei, so Trump über sich selbst, die Tatsache, dass er über keine eigenen Meinungsforscher verfüge. Als "pure Geldverschwendung" hatte er dies abgetan. Doch die Vorwahlen sind eine Sache, je näher der tatsächliche Wahlkampf rückt, desto mehr dürfte es Trump gedämmert haben, dass es sich mit Meinungsforscher besser in die Hauptschlacht ziehen lässt.

Am 17. Mai wurde bekannt, dass der prominente konservative Demoskop Tony Fabrizio für ihn arbeitet, der bereits für Floridas Gouverneur Rick Scott, für die Präsidentschaftskampagne des Senators Rand Paul und den republikanischen Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, gearbeitet hat.

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Der verstorbene Richter Antonin Scalia auf einem Foto vom Oktober 2013.
Foto: AP/Josh Reynolds

Der Supreme-Court-Kitt

Es gibt kaum ein Thema, das derart viel Potenzial hat, die derzeit so heillos zerstrittenen Republikaner zu einen wie die Schlammschlacht um den Supreme Court, den Obersten Gerichtshof der USA. Präziser: Jene um die Nachfolge des verstorbenen Juristen Antonin Scalia, mit dem der Supreme Court seinen prominentesten Rechtsaußen-Richter verloren hat. Zurück blieben seither vier Konservative, drei Liberale und ein Moderater. Seine Nachfolge kann getrost als Entscheidung von historischer Tragweite bezeichnet werden. Zumal in den kommenden Monaten Urteile zu den Themen Klimaschutz, Abtreibung, Schwangerschaftsverhütung und Einwanderung anstehen.

Nun hat zwar laut der amerikanischen Verfassung der Präsident die Pflicht, einen Nachfolger vorzuschlagen, das letzte Wort hat aber der Senat, der von den Republikanern dominiert wird. Diese setzten seither alles daran, eine Anhörung des von Obama vorgeschlagenen Bewerbers im Senat so lange verhindern, bis ein neuer Präsident gewählt ist. Nun stellte Trump vergangene Woche eine Kandidatenlisten vor, auf der sich gleich elf Namen befanden. (Anna Giulia Fink, 27.5.2016)