Sydney – Nach der geplanten Berichterstattung über eine Kindesentführung im Libanon sieht sich der australische Fernsehsender Channel Nine mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Die Journalisten und der ganze Sender hätten "nicht zu entschuldigende Fehler gemacht", hieß es in einem am Freitag vorgelegten Untersuchungsbericht zu den Vorfällen im April.

Entführungsversuch

Die Australierin Sally Faulkner hatte versucht, mithilfe des Senders ihre beiden Kinder zurückzuholen, die mit dem Vater in den Libanon gegangenen waren. Nach dem Entführungsversuch am helllichten Tage mitten in Beirut wurde das ganze Nine-Team festgenommen und der versuchten Entführung beschuldigt. Erst nach zwei Wochen – nachdem der Vater eine Anzeige zurückgenommen hatte – wurden sie freigelassen.

Aus Gerichtsunterlagen geht hervor, dass der Sender einer internationalen Organisation zum Aufspüren vermisster Kinder 100.000 australische Dollar (64.000 Euro) gezahlt hatte. Im Gegenzug hätte die Crew die Aktion exklusiv filmen dürfen.

Emotionale Bindung

Der Sender beauftragte den Journalisten Gerald Stone mit einer Untersuchung. Stone hielt nun fest, die Nine-Mitarbeiter hätten eine emotionale Bindung zu Faulkner aufgebaut, was dazu geführt habe, dass sie zahlreiche Faktoren unterschätzt hätten.

Der Produzent Stephen Rice hat als Konsequenz seinen Hut genommen, alle übrigen Team-Mitglieder kamen mit einer Verwarnung ihres Arbeitgebers davon. Faulkner hatte dem Sender erzählt, ihr Ex-Mann habe die beiden Kinder für einen Urlaub nach Beirut mitgenommen und dann die Rückkehr verweigert. Inzwischen hat der Vater das volle Sorgerecht für die Kinder erhalten. (APA, 27.5.2016)