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Ein guter Riecher ist bei der Geldwäsche noch nicht alles: Die Spuren müssen nicht nur verfolgt, sondern Verbrechen auch nachgewiesen werden. Da hapert es in Österreich, findet die FATF.

Foto: dpa / Rainer Jensen

Wien – In einem knappen Monat dürften österreichische Vertreter gebannt nach Busan blicken. In der südkoreanischen Stadt treffen sich von 22. bis 24. Juni jene internationalen Anti-Geldwäsche-Experten, die sich in den letzten Monaten mit den österreichischen Verhältnissen vertraut gemacht haben. Im Paradise Hotel werden dann noch die österreichischen Stellungnahmen eingearbeitet – oder auch nicht. Eines ist aber jetzt schon klar: Der dem Standard vorliegende Zwischenbericht der FATF, datiert mit 10. Mai, ist gespickt mit Kritik.

FATF steht für Financial Action Task Force on Money Laundering und ist bei der Industriestaatenorganisation OECD angesiedelt. Schon der letzte Besuch der Einrichtung im Jahr 2009 hatte wenig schmeichelhafte Ergebnisse gebracht. Nun konstatiert die Gruppe, der neben FATF-Leuten Ermittler sowie Rechts- und Finanzexperten u. a. aus schwedischen, US-amerikanischen und deutschen Institutionen angehören, zwar einige Verbesserungen, hält aber mit Kritik nicht hinter dem Berg: Die Geldwäschebekämpfung habe für Österreich keine Priorität, obwohl das Land wegen des großen Finanzsektors und der Rolle als Drehscheibe für Osteuropa besonders anfällig für den Transit internationalen Verbrechens sei. Dazu kommen günstige steuerliche Regelungen für Holdings und Stiftungen, durch die Österreich internationales Vermögen anziehe.

"Nicht der Mühe wert"

Von insgesamt 40 Kategorien erfüllt Österreich nur in zwölf die internationalen Standards der FATF zur Gänze. Die Defizite beginnen schon bei der unzureichenden Informationsbeschaffung durch die Geldwäschestelle im Bundeskriminalamt, setzen sich in Form von Behinderungen der Behörden bei Ermittlungen fort und enden bei vergleichsweise geringen Sanktionen bei Verbrechen. Letzterer Punkt spielt aber ohnehin kaum eine Rolle, sind doch Verurteilungen eine Rarität.

Im Jahr 2014 kam es zu 1158 Ermittlungen, die in 115 Verfahren und 22 Verurteilungen mündeten. Dabei handelt es sich aber meist um "Nebenprodukte" anderer Straftaten, nur wegen Geldwäsche wurden 2014 ganze zwölf Personen sanktioniert. Die höchste Strafe waren vier Monate Haft. Die Staatsanwälte fänden es angesichts der geringen Konsequenzen und der vielen Probleme bei den Ermittlungen "nicht der Mühe wert", Verbrechen aufzuklären.

Kein Fall komplexer Geldwäsche

Gefasst werden in der Regel nur kleine Fische wie Geldboten. Die FATF konstatiert hingegen "keinen einzigen Fall" komplexer oder professioneller Geldwäsche, der verfolgt worden wäre. Das Gleiche gilt für Geldwäsche mit Vortaten im Ausland. Dass entsprechende Vortaten wie Korruption, Drogenhandel oder Betrug Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Geldwäsche sind, ist der FATF ein besonders großer Dorn im Auge. "Diese hohe Schwelle wirft ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit des Anti-Geldwäsche-Regimes auf", heißt es in dem Bericht, der im heurigen Juli veröffentlicht werden soll. Weitere Kritikpunkte der FATF:

  • Geldwäscheeinheit Schon hier beginnen die Schwierigkeiten. Bei Verdachtsmeldungen gibt es nicht zuletzt wegen des Bankgeheimnisses nur beschränkte Möglichkeiten, tiefergehende Informationen zu beschaffen. Der Zentralstelle fehle es an "Fähigkeiten und Kompetenz". Die Staatsanwälte beklagen laut Bericht, dass damit Beweise betreffend die Herkunft der Mittel und eine Vortat fehlen, weshalb die Berichte "selten nützlich" seien. Schon Abfragen einer Kontonummer seien "praktisch unmöglich", schreibt die FATF. "Ernsthafte Bedenken" hat die Organisation, weil verdächtige Personen schon im frühen Stadium informiert werden müssen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn eine Geldtransaktion blockiert wird. Das führe dann oftmals zu Beschwerden des Verdächtigen und stelle "ein Risiko für das gesamte Reporting-System" dar.
  • Bankgeheimnis Das Bankgeheimnis wurde in den letzten Jahren zwar aufgeweicht, allerdings bereitet es der FATF weiterhin Sorgen. Regionale Gerichte lehnten Kontenöffnungen oft ab. Selbst wenn sie genehmigt würden, sorgten Einsprüche von Banken oder Betroffenen nicht selten für jahrelange Auseinandersetzungen. Die lange Dauer erhöhe auch die Gefahr, dass Beweismittel versteckt oder zerstört würden.
  • Konfiskation Ähnliches gilt für Beschlagnahmungen von Konten oder Immobilien, für die die rechtlichen Hürden in Anbetracht des österreichischen Risikoprofils viel zu hoch seien. Das führe dazu, dass Staatsanwälte häufig auf den Einsatz von Konfiskationen verzichteten.
  • Glücksspiel Zwar müssen sich Personen ausweisen, allerdings ist damit keineswegs gewährleistet, dass der Besucher auch der Inhaber des Geldes ist. Das Gleiche gilt für Online-Glücksspiel. Österreich hält sich in diesem Bereich aber an die Vorgaben.
  • Non-Profit-Organisationen Hier vermisst die FATF eine umfassende Risikobewertung in Hinblick auf Terrorismusfinanzierung. Das Monitoring und die Überwachung der administrativen Anforderungen der Vereine seien "ungenügend".

Derzeit halten sich die zuständigen Stellen zu dem Zwischenbericht noch bedeckt. Betont wird, dass es sich noch um eine Rohfassung handle. Allerdings gehen Insider davon aus, dass das FATF-Urteil zu umfassenden legistischen und organisatorischen Änderungen führen müsse. (Andreas Schnauder, 27.5.2016)