In einigen Wahlbezirken nahm man die gesetzlichen Vorgaben für die Auszählung der Wahlkarten nicht so genau. In Salzburg, wo dieses Foto gemacht wurde, ging alles mit rechten Dingen zu.

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Frage: Welche "Unregelmäßigkeiten" wurden bei der Stichwahl um die Hofburg bis jetzt bekannt?

Antwort: Nach "Meldefehlern" im Linzer "Sondersprengel", wo die Wahlbeteiligung falsch ausgewiesen, und in Waidhofen an der Ybbs, wo das Ergebnis der Urnenwahl doppelt gewertet, dafür aber auf die Briefwahlstimmen vergessen wurde, hat das Innenministerium am Mittwoch Unregelmäßigkeiten in fünf Wahlbezirken (Villach-Stadt und -Land, Wolfsberg, Hermagor, Südoststeiermark) bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. In drei Bezirken soll vor dem gesetzlich frühesten Zeitpunkt (Montag, 9 Uhr) ausgezählt worden sein, in zwei weiteren wurden zumindest die Kuverts zu früh geöffnet.

Frage: Prüft nun der Verfassungsgerichtshof (VfGH) automatisch die Korrektheit der Hofburgstichwahl?

Antwort: Nein. Die Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft reicht dafür nicht. Eine Anfechtung kann nur von den Zustellungsbevollmächtigten der beiden Kandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen eingebracht werden. Die Frist dafür endet am 8. Juni.

Frage: Was prüft die Korruptionsstaatsanwaltschaft eigentlich?

Antwort: Für die Wahlanfechtung ist sie, wie gesagt, nicht zuständig. Sie kann aber prüfen, ob es sich bei der vorzeitigen Auszählung um Amtsmissbrauch handelte.

Frage: Wie geht der VfGH vor? Ist eine Aufhebung wahrscheinlich?

Antwort: Für eine Aufhebung müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein, wie der frühere VfGH-Präsident Ludwig Adamovich erklärt. Es muss eine Rechtswidrigkeit vorliegen (die vorzeitige Auszählung wäre wohl eine solche), und der VfGH müsste zum Schluss kommen, dass diese Rechtswidrigkeit von Einfluss auf das Ergebnis gewesen sein könnte. Wurden die Briefwahlstimmen also zu früh, aber trotzdem korrekt ausgezählt, würde der VfGH die Wahl in den erwähnten Bezirken wohl nicht wiederholen lassen. Bei der Hofburgstichwahl müssten so viele Stimmen infrage stehen, dass der andere Kandidat damit hätte gewinnen können. Bei Alexander Van der Bellens Vorsprung von 31.026 Stimmen auf Norbert Hofer (FPÖ) müsste der Fehler 15.515 Stimmen betreffen.

Frage: Welche Dimension haben die nun diskutierten Fälle denn?

Antwort: Im Bezirk Südoststeiermark wurden 7.394 gültige Stimmen per Wahlkarte abgegeben, 4201 entfielen auf Hofer und 3.193 auf Van der Bellen. In den vier "auffälligen" Kärntner Wahlbezirken wurden 12.378 Briefwahlstimmen abgegeben. 6.661 entfielen auf Van der Bellen, 5.403 auf Hofer. Das heißt also: Selbst im Falle einer Anfechtung könnte Hofer maximal 9.854 Stimmen aufholen. So lange also nicht noch weitere Bezirke auftauchen, in denen möglicherweise Rechtswidrigkeiten passierten, scheint eine Anfechtung wenig Chancen auf Erfolg zu haben.

Frage: Wer hat die Fälle angezeigt?

Antwort: Laut Innenministerium erfolgte die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft nach einem Hinweis eines FPÖ-Mitglieds der Bundeswahlbehörde. FPÖ-Vertreter äußerten in einer Sitzung der Kärntner Landeswahlbehörde den Verdacht auf Unregelmäßigkeiten. Laut APA sagte der Leiter der Kärntner Landeswahlbehörde, Gerhard Jesernig, dass ihm in Villach bestätigt worden sei, dass die Wahlkarten schon früher ausgezählt wurden: "Aber es soll eine Ermächtigung durch die Bezirkswahlbehörde gegeben haben." In der Niederschrift der Bezirkswahlbehörde ist von keiner Auffälligkeit die Rede, eine frühere Auszählung hätte vermerkt werden müssen. Der Bericht wurde von allen Vertretern, auch von der FPÖ, unterzeichnet.

Frage: 1995 musste die Nationalratswahl im Tiroler Wahlsprengel Reutte wiederholt werden, weil Ex-Ministerin Sonja Moser fälschlicherweise dort gewählt hatte. Wieso wurde damals die Wahl wiederholt, obwohl es doch nur um eine Stimme ging?

Antwort: Es gab damals nicht nur in Reutte, sondern auch im burgenländischen Donnerskirchen Unregelmäßigkeiten. Und der FPÖ fehlten damals nur zwölf Stimmen auf ein weiteres Mandat. Daher entschied der VfGH, dass die Wahl auch in Reutte wiederholt werden muss. Bei der Wiederholung wanderte das Mandat dann auch tatsächlich zur FPÖ. (Lisa Nimmervoll, Günther Oswald, 26.5.2016)