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Bundespräsident Heinz Fischer und der unterlegene freiheitliche Kandidat. Österreich sei kein gespaltenes Land, ist sich Norbert Hofer sicher.

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Viel war nach dem Gespräch Alexander Van der Bellens mit Bundeskanzler Christian Kern nicht zu erfahren: Es soll um österreichische und internationale Fragen gegangen sei.

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Wien – Das Innenministerium hat Unregelmäßigkeiten in vier Kärntner Bezirken bei der Bundespräsidentenstichwahl angezeigt. In den Bezirken Villach-Stadt, Villach-Land, Hermagor und Wolfsberg gebe es den Verdacht, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat die Bundeswahlbehörde darüber informiert, heißt es in einer Aussendung des Innenministeriums. In allen vier Bezirken hat Norbert Hofer (FPÖ) die Wahl für sich entschieden.

Die Wahlkarten seien womöglich zu früh und ohne Zeugen ausgezählt worden, heißt es. Das für Wahlen zuständige Innenministerium hat die Kärntner Gemeinden jedenfalls bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. "Der Vorwurf lautet, dass vor dem gesetzlichen Zeitpunkt ausgezählt wurde", sagte der Leiter der Wahlabteilung, Robert Stein, am Mittwoch. Villach weist das zurück. In der "Zeit im Bild 2" am Mittwochabend sagte Stein, dass es einen ähnlichen Verdachtsfall auch in einem Bezirk in der Südoststeiermark gäbe, eine Ergänzungsanzeige sei in diesem Fall nachgereicht worden. Auf eine Prognose, ob die Wahl in diesen Bezirken wiederholt werden müsste, ließ sich Stein nicht ein. Er unterstrich, dass der VfGH die Wiederholung nur anordnet, wenn eine Rechtswidrigkeit vorliegt und eine Wiederholung Einfluss auf den Wahlausgang hätte.

Auszählung ohne Zeugen

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigte den Eingang der Anzeige, über die auch der "Kurier" am Mittwoch berichtete. Es gehe darin unter anderem darum, dass der Leiter der Wahlkommission ohne Beisein von Wahlzeugen schon am Sonntag die Briefwahlstimmen ausgezählt haben soll.

Laut Innenministerium lautet der Vorwurf in Villach (Stadt und Land), dass zu früh ausgezählt wurde. In Hermagor und Wolfsberg sollen die Briefwahlkarten lediglich aufgeschnitten, aber noch nicht ausgezählt worden sein. Laut Gesetz dürfen die Kuverts erst am Montag um 9 Uhr und nur vor einer Kommission, nicht aber von Einzelpersonen geöffnet werden.

FP Kärnten: Jetzt keine Anfechtung

Was eine Wahlanfechtung angeht, sehen der scheidende FPÖ-Landesparteichef Christian Ragger wie auch Landesgeschäftsführer Ewald Mödritscher nun in erster Linie die Staatsanwaltschaft am Zug. "Wir werden uns in ein laufendes Verfahren sicher nicht einbringen. Wenn die Erhebungen aber wirklich etwas ergeben und das gravierende Auswirkungen auf das Ergebnis der Wahl hätte, dann muss man sich das natürlich anschauen", sagt Ragger. Zuerst wolle man aber die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft abwarten. Die Frist für die Anfechtung der Wahl endet allerdings am 8. Juni.

Ergebnis im Landesschnitt

In allen vier betroffenen Bezirken siegte Norbert Hofer. Bei den Briefwahlstimmen lag wiederum Alexander Van der Bellen vorn. Allerdings war sein Vorsprung auf Hofer geringer als im Kärntner Landesschnitt und deutlich niedriger als im Bundesschnitt: Bundesweit kam Van der Bellen auf 61,7 Prozent der Briefwahlstimmen, in Kärnten auf 55,6 Prozent. In den vier nun untersuchten Kärntner Bezirken kam er auf lediglich 55,2 Prozent der Briefwahlstimmen.

Stadt Villach weist Vorwurf zurück

Dass in Villach schon am Sonntag Briefwahlstimmen ausgezählt wurden, wird von der Stadt zurückgewiesen. "Sie wurden am Montag ausgezählt mit dem Zeitpunkt, der vorgesehen ist. Um 9 Uhr beginnt die Zählung der Wahlkarten", sagt die stellvertretende Magistratsdirektorin Claudia Pacher. Zuvor habe man lediglich "Vorarbeiten" gemacht. "Die Wahlkarten wurden erfasst, und es wurde die Gültigkeit überprüft. Die Kuverts sind erst ab 9 Uhr geöffnet worden."

Der Leiter der Kärntner Landeswahlbehörde, Gerhard Jesernig, sagt, es sei ihm in Villach bestätigt worden, dass die Wahlkarten schon früher ausgezählt wurden. "Aber es soll eine Ermächtigung durch die Bezirkswahlbehörde gegeben haben." Ob ein solcher Beschluss des Bürgermeisters ausreichend sei, müsse die Bundeswahlbehörde entscheiden, meint Jesernig. Stadtoberhaupt Günther Albel (SPÖ) war vorerst nicht erreichbar.

Fischer will Rückkehr zu "demokratischem Normalzustand"

Bundespräsident Heinz Fischer empfing Mittwochfrüh den bei der Stichwahl unterlegenen Norbert Hofer in der Hofburg. Dabei mahnte Fischer angesichts des hitzig geführten Wahlkampfes die Rückkehr zur Normalität ein.

Es müsse nun alles getan werden, um den "demokratischen Normalzustand" wiederherzustellen, sagte der Präsident. "Wenn die Wahl vorbei ist, bemüht man sich, zur demokratischen Normalität zurückzukehren." Unterschiedliche Standpunkte müssten "in ruhiger und besonnener Art" ausgetauscht werden. Hofer betonte, dazu beitragen zu wollen: "Ich bin nicht der Meinung, dass Österreich ein gespaltenes Land ist."

Weiter wilde Gerüchte

Fischers mahnende Worte verhallten allerdings. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache teilte noch Mittwochvormittag auf Facebook einen Bericht des FP-nahen Blogs unzensuriert.at, in dem über angebliche Wahlmanipulation zugunsten Van der Bellens spekuliert wird. Seit Tagen befeuert die FPÖ vor allem via Social Media derartige Gerüchte. Am Dienstag musste Strache seine Facebook-Fans "zur Besonnenheit und zur Mäßigung" aufrufen. In sozialen Netzwerken wurde etwa Van der Bellens Privatadresse veröffentlicht und zu Gewalt aufgerufen. Die Sicherheitsvorkehrungen für den designierten Bundespräsidenten mussten erhöht werden.

Van der Bellen sprach am Mittwoch mit dem SPÖ-Vorsitzenden Christian Kern und danach mit ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Über den Inhalt der Gespräche verriet er nichts, außer dass es um österreichische und internationale Fragen gegangen sei. Man habe Vertraulichkeit vereinbart.

"Lieblingstotschlagargument"

In einem Interview mit den ARD-"Tagesthemen" bekräftigte Van der Bellen sein Nein zu einem Bundeskanzler Strache. Er werde der FPÖ nicht den Auftrag zur Regierungsbildung geben, denn: "Die FPÖ spielt mit dem Feuer. Wir sind ein kleines, offenes Land, das auf Exporte angewiesen ist. Daher ist es nicht im politischen oder wirtschaftlichen Interesse Österreichs, sich von der Union abzunabeln." Daher werde er den Freiheitlichen nicht den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen, sollten sie bei der nächsten Nationalratswahl stärkste Kraft im Parlament werden.

Für Strache ein Grund zur Empörung: Van der Bellen ignoriere mit dem neuerlichen Nein zu einem FPÖ-Regierungsauftrag den Wählerwillen, sagte er in der "ZiB 2" des ORF. Am Mittwoch legte dann FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl nach. Van der Bellen wolle gar "kein Präsident aller Österreich sein". Er packe sein "neues Lieblingstotschlagargument, die wahrheitswidrige Behauptung von der Europafeindlichkeit der FPÖ, aus", tobte Kickl. "Van der Bellen hat die Riesenchance ausgelassen, Gräben zuzuschütten. (APA, red, 25.5.2016)