Drogenabhängigkeit wird in Zukunft auch ein Phänomen bei älteren Menschen bis ins Pensionsalter sein. "Unter älteren Menschen kommt der Konsum illegaler Drogen ebenso vor wie in jüngeren Altersgruppen. Der Konsum ist in dieser Altersgruppe zwar seltener, doch die Häufigkeit nimmt zu", sagt der Wiener Mediziner und Substitutionsexperte Gerhard Rechberger.

Ein Grund dafür sind die Erfolge in der Opiat-Substitutionstherapie für Personen mit problematischem Drogenkonsum. "Da es mit Methadon- und anderen Erhaltungsprogrammen inzwischen besser gelingt, Patienten in Behandlung zu halten und Todesfälle durch Überdosierung zu reduzieren, wird die Zahl der älteren Patienten allmählich ansteigen", so Rechberger. Laut EU-Daten verdoppelte sich von 2002 bis 2005 der Anteil von Personen über 40 Jahren, die wegen Opiatproblemen behandelt wurden von 8,6 Prozent auf 17,6 Prozent.

In Wien waren im Mai 2000 rund 500 Opiatabhängige im Alter über 40 Jahren in Substitutionsbehandlung. Im Mai 2014 waren es etwas mehr als 2.500 Personen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben bereits vor Jahren gezeigt, dass die Ein-Jahres-Sterblichkeit von Personen mit problematischem Heroin- oder Kokainkonsum bei 2,5 bis drei Prozent liegt. In medizinischer Behandlung sinkt sie auf etwa ein Prozent pro Jahr.

Spezifische Probleme älterer Süchtiger

Ältere Suchtkranke haben jedoch ganz spezifische Probleme. So wird das soziale Umfeld durch das Versterben von Freunden schneller dünn. Kontakte zur eigenen Familie sind häufiger verloren gegangen. "Es kommt zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen, oft als gescheitert eingeschätzten Biografie. Die Betroffenen haben auch langfristig Schwierigkeiten, in einen Tagesrhythmus zu kommen. Hobbys und Freizeitgestaltung sind ebenfalls ein Problem und auch finanzielle Schwierigkeiten sind häufig", sagt Rechberger.

Langjährig Drogenabhängige mit problematischem Suchtgiftkonsum entwickeln zudem oft schon im Alter von 40 Jahren chronische Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenprobleme). Sie erleben die Auswirkungen eines ungesunden Lebensstils früher und häufiger. Das wird laut Rechberger in Zukunft auch den Bereich der Alters- und Pflegeheime sowie andere Sozialeinrichtungen beschäftigen (müssen).

Jedenfalls sollten ältere Suchterkranke genauso wie andere Personen entsprechend ihren gesundheitlichen Problemen behandelt werden. "Speziell in Institutionen sollte die Stigmatisierung, die sich infolge der Notwendigkeit einer Drogenersatztherapie ergeben kann, möglichst verhindert werden." (APA, 25.5.2016)