Missbrauchsvorwürfe: Der tiefe Fall des Bill Cosby
In einem der mehr als 50 Fälle kommt es jetzt zum Strafprozess. Dabei galt der 78-Jährige einst als Paradevater der USA
Ansichtssache
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Norristown – Dem US-Entertainer Bill Cosby (78) wird wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs der Prozess gemacht. Es gebe ausreichend Beweise, entschied Richterin Elizabeth McHugh am Dienstag bei einer rund dreistündigen vorbereitenden Anhörung in einem Gericht in Norristown im US-Staat Pennsylvania. "Dieser Fall wird weitergehen." Es ist der vorläufige Tiefpunkt eines Mannes, der einst als Paradevater der USA galt.
1984 startete die erste von acht Staffeln der "Bill Cosby Show".
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(Im Bild: Bill Cosby verlässt das Gerichtsgebäude von Norristown)
"Danke" sagt Bill Cosby zum Schluss, als Elizabeth McHugh ihm gerade "viel Glück" wünscht. Die Richterin hatte kurz zuvor entschieden, dass Cosby wegen Vorwürfen der sexuellen Nötigung der Prozess gemacht werde. Das war das einzige Wort, das Cosby am Dienstag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt vor Gericht seit Bekanntwerden der zahlreichen Vorwürfe von sich gab.
(Im Bild: Bill Cosby winkt den Schaulustigen vor dem Gerichtsgebäude zu)
Mehr als 50 Frauen haben Cosby in den vergangenen Monaten öffentlich sexuellen Missbrauch vorgeworfen. Nun kommt es zum ersten Strafprozess. Der nächste Gerichtstermin wurde vorläufig für den 20. Juli angesetzt, Cosby drohen bei einer Verurteilung mehrere Jahre Haft.
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(Im Bild: Gloria Allred, die das vermeintliche Opfer vertritt, gibt vor dem Gerichtsgebäude eine Pressekonferenz)
Die vorbereitende Anhörung im Gerichtsgebäude von Norristown in Pennsylvania wurde zu einem Medienspektakel. Außerdem fanden sich auch zahlreiche Schaulustige in dem Vorort von Philadelphia ein.
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(Im Bild: Archivfoto von Andrea Constand, die nicht vor Gericht erschienen ist)
Im Gebäude wird im Detail besprochen, was Anfang 2004 in Cosbys Haus passiert sein könnte – nicht weit vom Gerichtsgebäude entfernt. Die frühere Universitätsangestellte Andrea Constand wirft dem Schauspieler vor, ihr Tabletten verabreicht und sie dann sexuell belästigt zu haben. Die heute 43 Jahre alte und in ihrer kanadischen Heimat lebende Frau ist zu der Anhörung nicht erschienen. Deswegen werden drei Zeugen befragt, die die Frau oder Cosby damals vernommen haben.
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(Im Bild: Proteste gegen Bill Cosby im Jänner 2015 in Denver)
"Das ist doch alles nur Hörensagen", regt sich Cosby-Anwalt Brian McMonagle auf. "Wenn jemand Ihnen sagen würde, dass ihm vor elf Jahren jemand etwas erzählt hat über einen Vorfall vor zwölf Jahren, und jetzt gibt es einen Prozess – das ist doch unglaublich, so etwas habe ich noch nie erlebt."
Klar ist auf alle Fälle: Cosby und das vermeintliche Opfer kannten sich wohl schon länger, das haben zumindest beide damals ausgesagt. Sie trafen sich häufiger, kamen sich auch näher. Die Staatsanwaltschaft beharrt darauf, dass Cosby die Frau mit Tabletten außer Gefecht gesetzt und dann gegen ihren Willen berührt habe. Die Verteidigung sagt, es habe sich um simple Beruhigungsmittel gehandelt, die Frau habe Cosby nicht zurückgewiesen oder gebeten aufzuhören. Auch danach hatten die beiden noch Kontakt, die Frau bat Cosby sogar um Tickets zu einer Show in Toronto und traf sich dort mit ihm.
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(Im Bild: Bill Cosby am 12. Mai 2011 als Ehrengast bei der Abschlussfeier der Temple University in Philadelphia, wo er selbst studiert hat)
Die Aussagen von damals reichten nicht als Beweise für einen Prozess, sagt Cosbys Anwalt McMonagle am Ende der Anhörung. Die Verteidigung weist das zurück und Richterin McHugh folgt ihr – es gebe genügend Beweise.
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(Im Bild: Proteste gegen Bill Cosby im Jänner 2015 im kanadischen Kitchener)
Das sei richtig, sagt anschließend Anwältin Gloria Allred, die viele der Frauen vertritt, die Cosby beschuldigen. "Auf Basis des Gesetzes und der Vergangenheit war das die richtige Entscheidung."
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(Im Bild: Camille und Bill Cosby am 12. September 1965 bei den TV Academy Awards in Los Angeles)
Dabei galt Cosby seit der von 1984 bis 1992 ausgestrahlten "Bill Cosby Show" als Vorzeigevater der amerikanischen Nation. In rund 200 Folgen führte er in der Rolle des humorigen Arztes Dr. Huxtable vor, wie Familien Probleme gemeinsam lösen können. Die Seifenoper zählt zu den erfolgreichsten Serien in der Fernsehgeschichte.
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(Im Bild: Bill Cosby am 22. Mai 1966 mit dem Emmy, den er für seine Hauptrolle in dem Drama "I Spy" gewonnen hat. Er war der erste Schwarze, der den Preis in dieser Kategorie erhielt)
Über Jahrzehnte hinweg zählte der promovierte Pädagoge, Produzent, Buchautor, Schauspieler und Sänger zu Amerikas beliebtesten Entertainern und Komikern, der Konzertsäle und Arenen füllte.
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(Im Bild: Bill Cosbys Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood)
Sein erster Titel, "Fatherhood" (1986), ging schneller weg als irgendein anderes Buch in den USA zuvor. In "Time Flies" (1988) ging er weiter auf seine Erziehungsideale ein und landete erneut an der Spitze der "New York Times"-Bestsellerliste.
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(Im Bild: Bill Cosby erhält am 18. Mai 1997 einen seiner zahlreichen Ehrendoktortitel, hier von der George Washington University. Viele Unis haben ihm diese Würde wegen der Missbrauchsvorwürfe aber wieder aberkannt)
Cosby selbst ist in Philadelphia als Sohn eines Seemanns in armen Verhältnissen aufgewachsen, ging schon mit 16 zum Militär und beendete die Schule über einen Fernkurs.
(Im Bild: Bill Cosby hält am 16. März 2009 eine Rede bei einem Charity-Dinner in New York)
Um sich das Studium zu finanzieren, arbeitete er als Kellner in einer Bar und unterhielt seine Gäste dort mit komödiantischen Einlagen. Obwohl er bald seinen ersten Job als Entertainer bekam, ließ er es sich nicht nehmen, das Studium zu Ende zu führen.
(Im Bild: Bill Cosby und US-Präsident Barack Obama zieren die Wand eines Restaurants in Washington DC)
Was er anschließend in seiner mehr als 40-jährigen Karriere erreichte, gilt selbst in Hollywood als phänomenal. Cosby durchbrach die Rassenbarriere im US-Fernsehen: In der Krimi-Serie "Tennisschläger und Kanonen" trat er in den 60er Jahren als erster Schwarzer in einer Hauptrolle neben einem Weißen (Robert Culp) auf.
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(Im Bild: Bill Cosby bei einem Comedy-Auftritt in Denver am 17. Jänner 2015)
Vor der Filmkamera stand er neben Stars wie Raquel Welch in "Mother, Jugs and Speed" ("C.R.A.S.H.") oder auch Sidney Poitier und Harry Belafonte in "Uptown Saturday Night" ("Samstagnacht im Viertel der Schwarzen") und "Let's Do It Again" ("Dreh'n wir noch'n Ding").
(Im Bild: Bill Cosby verlässt das Gerichtsgebäude in Norristown am 2. Februar 2016 nach einem nichtöffentlichten Termin)
Selbst als Popsänger verdiente sich Cosby Lorbeeren: Acht Goldene Schallplatten und fünf Grammys.
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(Im Bild: Bill Cosby posiert am 18. November 2013 für ein Porträtfoto)
Seit 1964 ist er mit Camille Cosby verheiratet, das Paar hat vier Töchter. Einen bitteren Verlust erlitt er 1997, als sein einziger Sohn, Ennis, in Kalifornien Opfer eines Raubmords wurde.
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(Im Bild: Camille und Cosby bei einer Preisverleihung im Jahr 2009)
Trotz der vielen Vorwürfe steht Camille weiter an Cosbys Seite. Er sei ein "wundervoller Ehemann, Vater und Freund", sagte die Ehefrau im Dezember 2014. (red, APA, dpa, 25.5.2016)
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